Entscheidungsstichwort (Thema)
Auswirkungen der Privatinsolvenz auf Verfahrenskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Die Staatskasse kann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gerichtskosten und verauslagten Rechtsanwaltsgebühren nicht mehr durch die Anordnung einer Ratenzahlung geltend machen, sondern sie hat die Forderung zur Tabelle anzumelden.
Normenkette
FamFG § 113; InsO §§ 38, 41; ZPO § 120
Verfahrensgang
AG Offenbach (Entscheidung vom 14.02.2018; Aktenzeichen 316 F 1739/16 VKH1) |
Tenor
Der Beschluss vom 14.02.2018 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 29.05.2018 wird dahingehend abgeändert, dass die angeordnete Ratenzahlung entfällt.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; eine Erstattung von Kosten der Beteiligten erfolgt nicht.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.08.2016 Scheidungsantrag eingereicht und Verfahrenskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 14.02.2018 wurde der Antragstellerin vom Familiengericht Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren und die Folgesache "Versorgungsausgleich" bewilligt und angeordnet, dass die Antragstellerin auf die Verfahrenskosten monatliche Raten in Höhe von 437 EUR zu zahlen habe. Ferner wurde ihr antragsgemäß Rechtsanwalt B beigeordnet.
Am 12.03.2018 fand beim Familiengericht die mündliche Verhandlung über den Scheidungsantrag statt. Die Ehe wurde mit Beschluss vom gleichen Tage geschieden und der Versorgungsausgleich wurde durchgeführt.
Mit Schreiben vom 21.03.2018, das am gleichen Tag beim Familiengericht einging, hat die Antragstellerin "Einspruch" gegen die Ratenzahlungsanordnung eingelegt und mitgeteilt, dass sie Privatinsolvenz angemeldet habe und zur Zahlung der festgesetzten Raten nicht in der Lage sei.
Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 13.04.2018 wurde über das Vermögen der Antragstellerin das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt A als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser teilte mit Schreiben vom 24.04.2018, das an die Gerichtskasse gerichtet war, die Insolvenzeröffnung mit.
Mit Beschluss vom 29.05.2018 hat das Familiengericht der Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ratenzahlungsanordnung teilweise abgeholfen und die Ratenhöhe auf 342 EUR ermäßigt. Wegen der darüber hinausgehenden Beschwerde wurden die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Vom Beschwerdegericht wurde darauf hingewiesen, dass wegen der Eröffnung der Privatinsolvenz zu einem Zeitpunkt, als im vorliegenden Verfahren bereits alle Kosten entstanden waren, Bedenken gegen eine Zahlungsanordnung bestehen. Der Bezirksrevisor hat sich dieser Auffassung angeschlossen.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der nach dem GVG vorgesehenen Besetzung, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und deshalb vom Einzelrichter dem Senat übertragen wurde.
II. Der "Einspruch" der Antragstellerin ist als sofortige Beschwerde i.S.v. § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 ZPO zu behandeln. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der Beschluss v. 14.02.2018 wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 07.03.2018 zugestellt, so dass die Monatsfrist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO gewahrt ist.
Die sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der Ratenzahlungsanordnung.
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren unterliegt gem. § 113 Abs. 1 FamFG den Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Gemäß § 120 Abs. 1 ZPO setzt das Gericht mit der Bewilligung der Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe die zu zahlenden Monatsraten fest. Da gegen diese Festsetzung Beschwerde eingelegt wurde, sind die im Beschwerdeverfahren eingetretenen Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin zu berücksichtigen, mithin auch die etwa zwei Monate nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses erfolgte Eröffnung der Privatinsolvenz über das Vermögen der Antragstellerin.
Die Rechtsprechung dazu, wie es sich auswirkt, wenn über das Vermögen des Beteiligten, um dessen Verfahrenskostenhilfe es geht, die Privatinsolvenz eröffnet wird, ist uneinheitlich.
Teilweise wird vertreten, dies stehe einer Ratenzahlungsanordnung nicht entgegen (vgl. z.B. LArbG Köln v. 07.10.2015 - 1 Ta 231/15 - zitiert nach juris; LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18.02.2013 - L 7 R 144/10 - zitiert nach juris; OLG Koblenz v. 06.04.2010 - 9 WF 159/10, FamRZ 2010, 1360). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass das unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegende Einkommen nicht der Zwangsvollstreckung unterliegt und daher nicht zur Insolvenzmasse gehört, weshalb insoweit kein Verfügungsverbot des Insolvenzschuldners besteht (so auch LArbG Rheinland- Pfalz v. 27.04.2016 - 7 Ta 53/16, NZI 2016, 587, zitiert nach juris; OLG Zweibrücken v. 04.10.2005 - 6 UF 87/05, FamRZ 2006, 436).
Nach anderer Ansicht kann die Staatskasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahren die Gerichtskosten und verauslagten Rechtsanwaltsgebühren nicht mehr durch die Anordnung einer Ratenzahlung geltend mac...