Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Ergänzungspflegers bei Flughafenverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verpflichtung zur kostensparenden Amtsausübung führt bei der Wahrnehmung der Interessen eines im Flughafenverfahren nach § 18a AsylverfG betroffenen Minderjährigen durch einen anwaltlichen Ergänzungspfleger nicht zur Begrenzung der Aufwandsentschädigung auf den Beratungshilfesatz.

 

Normenkette

AsylVfG § 18a; BGB §§ 1835-1836

 

Verfahrensgang

AG Marburg (Beschluss vom 18.11.2010; Aktenzeichen 72 F 430/10 PF)

 

Tenor

Die Beschwerde des Landes Hessen gegen den Beschluss des AG Marburg vom 18.11.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse nach einem Gegenstandswert von bis zu 1.150 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das betroffene Kind ist als unbegleiteter Minderjähriger aus Guinea im September 2009 durch das Jugendamt der Stadt Frankfurt in Obhut genommen worden. Mit Beschluss vom 24.9.2009 ist der Beschwerdeführer zum Ergänzungspfleger für den Betroffenen mit dem Wirkungskreis der ausländerrechtlichen und asylrechtlichen Betreuung bestellt worden. Nach Bestellung ist der Ergänzungspfleger mit dem Betroffenen zusammengetroffen, um ein vorbereitendes Gespräch für einen Asylantrag zu stellen, dieser Asylantrag ist unter dem 8.10.2009 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg gestellt worden.

Die Anhörung des Jugendlichen am 12.1.2010 bei der Außenstelle Trier des Bundesamtes nahm der Ergänzungspfleger wahr; an diesem Tag fand die Anhörung indes nicht statt, weil kein Dolmetscher kam. Der Ergänzungspfleger war an diesem Tag sechs Stunden unterwegs. Ein neuer Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt fand am 18.2.2010 statt. Auch diesen Termin nahm der Ergänzungspfleger mit dem Betroffenen wahr. Infolge eines Fehlers des Bundesamtes konnte kein Protokoll zur Anhörung erstellt werden, was im Ergebnis dazu führte, dass erneut angehört werden musste. Auch zu dieser Anhörung am 28.9.2010 begab sich der Ergänzungspfleger mit dem Betroffenen nach Trier.

Der Ergänzungspfleger hat unter dem 27.5.2010 seine Tätigkeit nach Anwaltsgebühren berechnet. Die weiteren Auslagen für die Fahrt zum Bundesamt nach Trier vom 28.9.2010 machte er mit Schriftsatz vom 29.9.2010 geltend.

Mit Beschluss vom 18.11.2010 hat das AG - Familiengericht - Marburg die dem Ergänzungspfleger aus der Staatskasse zu erstattenden Aufwendungen auf insgesamt 1.203,69 EUR festgesetzt und dabei die beiden Rechnungen vom 25.5.2010 und 29.9.2010 zusammengefasst. Festgesetzt worden ist eine Gebühr gem. Nr. 2300 VVRVG mit einem Gebührensatz von 2,5.

Das AG vertrat dazu die Auffassung, dem Ergänzungspfleger sei eine Aufwandsentschädigung in Höhe einer anwaltlichen Gebühr für eine außergerichtliche Tätigkeit zuzubilligen, die besonders aufwendig war und daher mit einem angehobenen Gebührensatz von 2,5 entschädigt werden könne. Eine Begrenzung auf die einem im Wege der Beratungshilfe beigeordneten Anwalt zustehende Vergütung sei nicht angemessen. Denn das Verfahren gem. § 18a Asylverfahrensgesetz, für das der Ergänzungspfleger mit dem betroffenen Jugendlichen mehrfach nach Trier gereist sei, könne regelmäßig mit einer Gebühr gemäß VVRVG Nr. 2300 abgerechnet werden (für VVRVG Nr. 2400). Soweit das OLG Frankfurt in einer Entscheidung auf die Umverteilungsverfahren hingewiesen und in diesen die Begrenzung der Anwaltsentschädigung festgestellt habe, seien diese grundsätzlich hier nicht anzuwenden. Denn die beiden Verfahrensarten seien nicht miteinander vergleichbar, weil es sich bei dem sog. Flughafenverfahren nach § 18a Asylverfahrensgesetz vor dem Bundesamt für Migration gerade nicht um ein schriftliches Antragsverfahren auf Umverteilung handele.

Gegen die ihm am 22.11.2010 zugestellte Entscheidung führt der Bezirksrevisor beim LG Marburg (im Folgenden: die Staatskasse) Beschwerde. Unter Bezugnahme auf die bisherigen Stellungnahmen vom 23.6.2010 und 22.7.2010 vertritt er die Ansicht, dass der anwaltliche Ergänzungspfleger die Wahl habe, ob er seine Tätigkeit ggü. der Staatskasse nach Stunden oder nach dem RVG abrechne. Nachdem sich der Ergänzungspfleger für eine Abrechnung nach dem RVG entschieden habe, könne er keine Abrechnung nach Stunden mehr vornehmen. Die erstattungsfähige gesetzliche Gebühr nach dem RVG betrage lediglich 70 EUR für den mittellosen Pflegling nach 2503 RVG-VV. Der anwaltliche Ergänzungspfleger, der seine Tätigkeit wegen der Berufsnähe nach dem RVG abrechnen könne, sei gehalten, die Möglichkeiten von Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe auszuschöpfen. So habe auch das OLG Frankfurt im Beschluss vom 18.12.2009 zum Aktenzeichen 20 W 85/09 bereits entschieden. Daher sei die anwaltliche Vergütung in Pflegschaftsverfahren in jedem Fall auf die Sätze von Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe begrenzt.

Da das Flughafenverfahren ein außergerichtliches Verfahren darstelle, könne nur eine Beratungshilfegebühr festgesetzt werden. Denn die Verpflichtung des Anwaltspflegers zur kostensparende...

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