Leitsatz (amtlich)
Dem sog. isolierten Sachverständigen im Insolvenzeröffnungsverfahren ist eine Vergütung zuzubilligen, die über dem Stundensatz des § 9 Abs. 2 JVEG liegt (hier: 80 EUR).
Normenkette
JVEG § 9
Verfahrensgang
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des LG Wiesbaden vom 27.10.2005 abgeändert.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Wiesbaden vom 20.9.2005 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das AG hat den Antragsteller durch Beschl. v. 15.4.2005 mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens dazu beauftragt, ob Tatsachen vorliegen, wonach der Schluss auf (drohende) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Insolvenzschuldnerin gerechtfertigt ist, ob eine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden ist und ob vorläufige Anordnungen zur Sicherung der Masse erforderlich erscheinen. Für das von ihm am 4.7.2005 erstattete Gutachten hat der Antragsteller eine Entschädigung i.H.v. 1.413,56 EUR verlangt, wobei er einen Stundensatz von 80 EUR berechnet hat. Das AG hat durch Beschl. v. 20.9.2005 die Entschädigung des Antragstellers antragsgemäß festgesetzt. Auf Beschwerde der Bezirksrevisorin hat das LG die Festsetzung des AG auf 1.156 EUR abgeändert und dabei einen Stundensatz von 65 EUR angesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass § 9 Abs. 2 JVEG zwar weder direkt noch analog auf den isolierten Sachverständigen im Insolvenzantragsverfahren anzuwenden sei, dessen Vergütung richte sich nach § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG. Es erscheine jedoch billig, im Rahmen dieser Bestimmung auch dem isolierten Sachverständigen lediglich einen Stundensatz von 65 EUR zu bewilligen. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass der isolierte Sachverständige für die gleiche Tätigkeit eine höhere Entschädigung erhalten solle als der Gutachter, der auch zum "schwachen" oder "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 197-200 d.A.) verwiesen, mit dem das LG die weitere Beschwerde zugelassen hat.
Mit seiner weiteren Beschwerde rügt der Antragsteller, dass das Beschwerdegericht seine Prüfungskompetenz überschritten habe. Diese sei darauf beschränkt, ob das Insolvenzgericht von seinem Ermessen im Rahmen des § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG einen ungesetzlichen Gebrauch gemacht habe. Dies könne der Fall sein, wenn das Gericht bei seiner Ermessensprüfung maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen nicht festgestellt habe. Diesen Fragen sei das Beschwerdegericht jedoch nicht nachgegangen, sondern habe seine Entscheidung anstelle der Ermessensausübung der Vorinstanz gesetzt. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Ermessen "auf null geschrumpft" sei.
Der Antragsteller beantragt, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und den Beschluss des AG vom 20.9.2005 wiederherzustellen.
Die Bezirksrevisorin beantragt, die weitere Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer unrichtigen Gesetzesanwendung i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 2 JVEG.
Der zu beanstandende Rechtsfehler der Vorinstanz liegt allerdings nicht, wie die weitere Beschwerde geltend macht, darin, dass das Beschwerdegericht die erstinstanz-liche Entscheidung nicht lediglich auf Ermessensfehler überprüft hat. Die Beschwerde gegen die richterliche Festsetzung der Entschädigung eröffnet eine Tatsacheninstanz, in der das Beschwerdegericht anstelle des Erstgerichts zu entscheiden hat. Dem Beschwerdegericht fällt daher die volle Nachprüfung der Festsetzung einschließlich der Ausübung des billigen Ermessens an (OLG Oldenburg JurBüro 1981, 86 [88]; Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 23. Aufl., § 4 Rz. 4.18; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 4 JVEG Rz. 26; Mümmler, JurBüro 1983, 416; a.A. OLG Frankfurt JurBüro 1983, 414). Dies entspricht der Ausgestaltung, die die Beschwerde im gesamten Zivilverfahrensrecht hat. Für eine Einschränkung des Überprüfungsmaßstabs gerade im Bereich des JVEG gibt es Anhaltspunkte weder nach dem Gesetzeswortlaut noch aufgrund anderer Erwägungen.
Die Entscheidung des LG ist jedoch deshalb rechtsfehlerhaft, weil es § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG unzutreffend angewendet hat. Dies kann im vorliegenden Verfahren der weiteren Beschwerde überprüft werden, auch wenn der Rechtsbehelf auf eine andere Begründung gestützt worden ist (§§ 557 Abs. 3 S. 2, 577 Abs. 2 S. 2 ZPO entspr.).
Zutreffend geht das LG davon aus, dass die Vorschrift des § 9 Abs. 2 JVEG auf den isolierten Sachverständigen nicht anzuwenden ist. Für eine entsprechende Anwendung fehlt es an einer Regelungslücke, da § 9 Abs. 1 JVEG die Entschädigung für jegliche gerichtliche ...