keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentümer. Verteilungsschlüssel. Verstoß
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels setzt voraus, dass wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an dem geltenden Verteilungsschlüssel grob unbillig wäre und deshalb gegen Treu und Glauben verstieße.
Normenkette
WEG §§ 10, 16
Verfahrensgang
LG Marburg (Aktenzeichen 3 T 253/00) |
Gründe
Durch Beschluss vom 15.09.2000 hat das Amtsgericht auf Antrag der Antragsteller den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.10.1999 betreffend den Tagesordnungspunkt 2 a für ungültig erklärt und von der Antragsgegnerin zu 1) gestellte Gegenanträge zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin zu 1) sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie – unter teilweiser Neuformulierung und Ergänzung – ihre Anträge und Gegenanträge aufrechterhalten hat. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Landgericht in der Hauptsache die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin zu 1) sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die Antragsteller und die Beteiligte zu 3) sind der sofortigen weiteren Beschwerde entgegengetreten.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 S. 1 FGG, 546 ZPO.
Zu Recht haben die Vorinstanzen den Eigentümerbeschluss aus der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.10.1999 zu Tagesordnungspunkt 2 a für ungültig erklärt und auch den – inhaltlich geringfügig abweichenden – Hilfsantrag der Antragsgegnerin zu 1) auf Änderung des Verteilungsschlüssels zurückgewiesen. Dabei hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass eine Änderung eines Verteilungsschlüssels von Seiten der Wohnungseigentümer grundsätzlich nur einstimmig getroffen werden kann, es sei denn, die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung lässt eine Abänderungsmöglichkeit des Verteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss zu (vgl. BGH NJW 1985, 2832, 2833; vgl. auch Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., § 16 Rz. 18; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 16 Rz. 119, jeweils mit weiteren Nachweisen). Dies gilt – was das Landgericht im angefochtenen Beschluss noch offengelassen hatte – nach der insoweit geänderten Rechtsprechung des Senats (vgl. OLGZ 1987, 26; NZM 2001, 140) auch für den Fall, dass – wie hier – die Teilungserklärung (unter anderem) lediglich auf die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 WEG Bezug nimmt. Eine Öffnungsklausel im oben beschriebenen Sinne weist die Teilungserklärung vorliegend nicht auf.
Da der angefochtene Eigentümerbeschluss nicht einstimmig erfolgt ist, war er jedenfalls für ungültig zu erklären, wobei dahinstehen kann, ob er nicht umfassend nichtig gewesen wäre (vgl. Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 16 Rz. 18 m. w. N.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 13.12.2002, Az. 20 W 524/00). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass der Antragsgegnerin zu 1) etwa ein Anspruch auf Abänderung des Verteilungsschlüssels zustehen könnte, den sie – inhaltlich geringfügig verändert – im Wege ihres Hilfsantrages geltend macht.
Ein solcher Anspruch steht ihr nicht zu. Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels voraussetzt, dass wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an dem geltenden Verteilungsschlüssel grob unbillig wäre und deshalb gegen Treu und Glauben verstieße. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 16 Rz. 22; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 16 Rz. 119, jeweils m. w. N.; vgl. Senatsbeschluss vom 13.04.2000, Az.: 20 W 485/98 = NZM 2001, 140; OLG Köln ZMR 2002, 153 = OLGR 2002, 38; BayObLG WuM 1995, 217). Ein solcher kann allerdings grundsätzlich nicht nur dann in Betracht kommen, wenn sich die Verhältnisse nachträglich geändert haben, sondern auch dann, wenn sich eine getroffene Regelung als von Anfang an als verfehlt oder unzweckmäßig erweist (vgl. OLG Köln NZM 2002, 153 mit weiteren Nachweisen). Der Gesetzgeber des Wohnungseigentümergesetzes hat nämlich einerseits vorbehaltlich einer Abänderung durch die Wohnungseigentümer die Miteigentumsanteile als Kostenverteilungsschlüssel vorgesehen, andererseits verlangt er aber nicht, dass die Miteigentumsanteile nach dem Wert oder der Größe der einzelnen Wohnungen festgelegt werden müssen. Er nimmt daher von vornherein in Kauf, dass die Kostenbelastung sich nicht genau an der Kostenverursachung ausrichtet. Eine völlig gerechte Umlegung der gemeinschaftlichen Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer ist bei einem vertretbaren Aufwand ohnehin nicht möglich; die Wohnungseigentümer müssen sich notwendigerweise immer mit Annäherungs...