Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an die konkreten Einwendungen gegen die Unternehmensbewertung als Zulässigkeitsvoraussetzung im Spruchverfahren.

Der Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens ist zulässig, wenn er Einwendungen enthält, die die Unternehmensbewertung nicht nur pauschal angreifen, sondern sich auf einzelne überprüfbare Parameter der Unternehmensbewertung beziehen und diese mit näherer Begründung kritisieren.

 

Normenkette

SpruchG § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 12

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.02.2005; Aktenzeichen 3/5 O 110/04)

 

Tenor

Ziff. I. des angefochtenen Beschlusses wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Anträge der Antragsteller zu 1) bis 4) zulässig sind.

Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: für jeden Antrag 200.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist Hauptaktionärin der AG. Auf deren Hauptversammlung wurde am 19.11.2002 ein Squeeze-out beschlossen, der am 16.7.2004 in das Handelsregister eingetragen und am 13.8.2004 als einzigem Veröffentlichungsorgan im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.

Neben vielen anderen haben die hiesigen Antragsteller zu 1) bis 4) am 23.10.2004 Anträge auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren gegen die Antragsgegnerin über die Angemessenheit der Barabfindung gestellt und Bescheinigungen ihrer Depotbanken vom 21. bzw. 22.7.2004 beigefügt, wonach sie die obligatorische Barabfindung von 13,50 EUR pro Aktie erhalten haben. Zur Begründung wurde ausgeführt, konkrete Einwendungen gegen den Unternehmenswert der Antragsgegnerin seien ihnen mangels diesbezüglicher Kenntnisse unmöglich. Zum Unternehmenswert der betroffenen Gesellschaft lägen ihnen die Unterlagen im Hinblick auf den über 2 Jahre zurückliegenden Übertragungsbeschluss nicht vor, so dass Abschriftenerteilung durch die Antragsgegerin beantragt werde. Jedenfalls werde gerügt, dass der Kapitalisierungszinssatz vor Steuern fehlerhaft ermittelt und überhöht sei. So sei bereits ein überhöhter Basiszinssatz zugrunde gelegt, da entsprechend der Rendite für Öffentliche Anleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren am Stichtag maximal 3,5 % angemessen seien. Auch der Risikozuschlag sei überhöht, da nach ständiger Rechtsprechung je nach Risikostruktur des Unternehmens und Lage seiner Branche nur 0,5 bis 2,0 % anzusetzen seien, während sie selbst mit einer vertretbaren Rechtsauffassung davon ausgingen, dass überhaupt kein Risikozuschlag anzusetzen sei, da den allgemeinen unternehmerischen Risiken schließlich Chancen mit gleichem Wert gegenüberstünden.

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Antragserwiderung vom 13.12.2005 insb. geltend gemacht, es müsse für jeden Antragsteller überprüft werden, ob aus den vorgelegten Bankbescheinigungen hervorgehe, dass diese zum Zeitpunkt der Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses Aktionär gewesen seien. Außerdem seien die Anträge der 4 Antragsteller unzulässig, weil sie keine konkreten Einwendungen gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert der AG enthielten.

Das LG hat mit Beschluss vom 21.12.2004 darauf hingewiesen, dass gegen die Zulässigkeit der Anträge Bedenken bestünden, weil sich aus den vorgelegten Bescheinigungen nicht ergebe, dass die Antragsteller konkret zum Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses am 16.7.2004 Aktionäre der AG gewesen seien und die vorgelegten Kopien keine Urkundenqualität hätten, und unter Ankündigung einer sodann beabsichtigten Entscheidung zur Zulässigkeit der Anträge Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu und zu den Zulässigkeitsrügen der Antragsgegnerin binnen eines Monats ab Zustellung seines Beschlusses eingeräumt.

Daraufhin haben die Antragsteller zu 1) bis 3) am 14.2.2005 und der Antragsteller zu 4) am 3.3.2005 jeweils Bescheinigungen ihrer Depotbanken darüber vorgelegt, dass sie am 16.7.2004 Aktionäre der AG waren.

Mit Beschluss vom 17.2.2004 wies das LG unter Ziff. I. die Anträge der hiesigen 4 Antragsteller als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, unabhängig von der Frage des Nachweises der Antragsberechtigung hätten diese Antragsteller innerhalb der dreimonatigen Antragsfrist entgegen § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG keine konkreten Einwendungen gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert vorgetragen, sondern nur in pauschaler Weise behauptet, dass Kapitalisierungszinssatz, Basiszinssatz und Risikozinssatz überhöht seien.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie insb. geltend machen, von einem Kleinaktionär könne nicht erwartet werden, dass er ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers erkenne und den eindeutigen damaligen Gesetzeswortlaut uminterpretiere. Die von ihnen im Antrag gleichwohl gegen den Unternehmenswert der betroffenen Gesellschaft erhobenen Einwendungen seien nach dem Gesetzeszweck ausreichend. Im Übrigen sei von ihnen unter gleichzeitigem Verlangen der Abschriftenerteilung der Unterlagen nach § 7 Abs. 3 ...

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