Leitsatz (amtlich)
- Die Sperrfrist des § 120 Abs. 4 ZPO a.F. (jetzt § 120a ZPO) beginnt bei einem nach altem Recht eingeleiteten Scheidungsverbundverfahren erst mit Beendigung des gesamten Verbundverfahrens, d.h. bei einer abgetrennten Folgesache mit deren Abschluss.
- Ein bloßes Nichtbetreiben der Folgesache steht jedenfalls dann nicht der Verfahrensbeendigung gleich, wenn den Parteien offenkundig bekannt ist, dass die nach mündlicher Verhandlung bereits angekündigte abschließende Entscheidung noch aussteht.
- Wird eine nach altem Recht abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich ab 1.9.2009 gemäß Art 111 Abs. 4 FGG-RG als selbständige Folgesache fortgeführt und erstreckt sich die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht mehr auf diese Folgesache, dann beginnt die Sperrfrist für die im Scheidungsverbundverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe mit dem 1.9.2009.
Normenkette
ZPO a.F. § 120 Abs. 4; ZPO § 120a; FGG-RG § 111 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 25.11.2013; Aktenzeichen 53 F 547/98) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragstellerin wurde mit Beschluss des AG - Familiengericht - Wiesbaden vom 30.10.1998 ratenfreie Prozesskostenhilfe für das vorliegende Ehescheidungsverfahren bewilligt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.3.2000 wurde die Ehe der Parteien geschieden und der Versorgungsausgleich abgetrennt, da noch nicht alle Auskünfte der Versorgungsträger vorlagen und beide Parteien damals die Abtrennung begehrten. Den Streitwert setzte es für die Ehesache i.H.v. 6.000 DM und für den Versorgungsausgleich (vorläufig) i.H.v. 1.000 DM fest. In der Folgezeit rechnete die der Antragstellerin im ersten Rechtszug beigeordnete Rechtsanwältin ihre gegenüber der Staatskasse bestehenden Vergütungsansprüche ausgehend von einem Gegenstandswert i.H.v. 7.000 DM ab und erhielt am 29.6.2000 insgesamt eine Auszahlung i.H.v. 887,40 DM für ihre Tätigkeit im ersten Rechtszug. In der abgetrennten Folgesache Versorgungsausgleich teilte das Familiengericht nach erfolgter Einholung von Auskünften der Versorgungsträger und der Durchführung zweier mündlicher Anhörungen den Parteien mit Verfügung vom 22.8.2002 mit, dass es gemäß der von ihm erstellten Berechnung über den Versorgungsausgleich nunmehr ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden wolle und setzte ihnen eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen (Bl. 128 d.A. VA). Gerichtsintern wurde vom zuständigen Richter eine Frist zur Wiedervorlage der Akte nach Ablauf eines Monats gesetzt. Die Akte wurde in der Folgezeit weder dem Richter vorgelegt noch wurde seitens der Parteien oder der Versorgungsträger nach dem Sachstand angefragt. Erst nach über 9 Jahren, nämlich am 9.9.2011 kündigte das AG den Fortgang des Verfahrens an (Bl. 132 d.A. VA) und holte in der Folgezeit Auskünfte von den Versorgungsträgern nach dem ab 1.9.2009 geltenden neuen Recht zum Versorgungsausgleich ein. Ein neuerlicher Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Versorgungsausgleichsverfahren wurde von der Antragstellerin nicht gestellt. Mit Beschluss vom 28.9.2012, rechtskräftig seit dem 28.12.2012, entschied das AG über die Durchführung des Versorgungsausgleichs und setzte den Wert für den Versorgungsausgleich auf 1.800 EUR fest (Bl. 190 d.A. VA). Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin beantragte sodann eine neue Festsetzung ihrer Gebühren für das gesamte Verfahren auf der Basis des endgültigen Verfahrenswertes des Versorgungsausgleichs i.H.v. 777,07 EUR abzgl. bereits geleisteter Vorschüsse i.H.v. 453,72 EUR, also 323,25 EUR, die auch in dieser Höhe festgesetzt und ausgezahlt wurden. Mit Verfügung des Rechtspflegers vom 27.5.2013, der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt am 6.6.2013, kündigte dieser gegenüber der Antragstellerin eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an und forderte diese auf, binnen vier Wochen eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß dem beigefügten Vordruck einzureichen (Bl. 29d. PKH-Hefts). Mit Schreiben vom 17.6.2013 trat die Antragstellerin einer Überprüfung der PKH- Bewilligungsvoraussetzungen entgegen. Mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 20.6.2013 wies diese darauf hin, dass die Vierjahresfrist des § 120 Abs. 4 ZPO nach ihrer Auffassung erst mit Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu laufen beginne. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 2.7.2013 beantragte die Antragstellerin eine Fristverlängerung zur Vorlage der "Prozesskostenhilfeunterlagen" bis zum 20.7.2013, die stillschweigend gewährt wurde. Eine neuerliche Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ging am 23.7.2013 bei dem AG - ohne einen Gehaltsnachweis - ein-. Mit Verfügung vom 25.7.2013 forderte der zuständige Rechtspfleger die Antragstellerin auf, einen aktuellen Gehaltsn...