Verfahrensgang

AG Weilburg (Beschluss vom 09.05.1997; Aktenzeichen 25 F 716/94 SO)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch zur elterlichen Sorge abgeändert:

Der Antrag des Vaters auf Änderung der Sorgerechtsregelung im Beschluß des Amtsgerichts Weilburg vom 9. 5. 1997 (25 F 716/94 SO) wird zurückgewiesen. Die elterliche Sorge für die Kinder X. und Z. verbleibt alleine der Mutter.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil.

Beschwerdewert: 1.500,– DM.

 

Gründe

Das Amtsgericht Weilburg hat in einem früheren Verfahren die elterliche Sorge für die Kinder der seit 1994 getrenntlebenden Parteien mit Beschluß vom 9. Mai 1997 auf die Mutter übertragen. Seine hiergegen gerichtete Beschwerde (OLG Frankfurt am Main 1 UF 157/97) hat der Vater zurückgenommen, nachdem die Eltern im Termin vor dem beauftragten Richter des Senats eine Vereinbarung getroffen hatten, wonach die Mutter bei wichtigen Entscheidungen der Kinder vorher dem Vater Gelegenheit gibt, seine Vorstellungen dazu einzubringen.

Durch das angefochtene Verbundurteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder auf Antrag der Mutter mit Zustimmung des Vaters der Mutter übertragen. Weitergehende Anträge der Mutter, es bei der alleinigen elterlichen Sorge für sie zu belassen, hat das Amtsgericht zurückgewiesen.

Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Mutter die Übertragung der elterlichen Sorge auf sie in vollem Umfang.

Die alle Form- und Fristerfordernisse wahrende Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Antrag des Vaters, mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts beiden Eltern die elterliche Sorge zu übertragen bzw. zu belassen, konnte nicht stattgegeben werden. Das Amtsgericht Weilburg hatte bereits nach § 1672 BGB in der bis 30. 6. 1998 geltenden Fassung die elterliche Sorge für beide Kinder in dem früheren Verfahren der Mutter übertragen. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Amtsgerichts, daß diese Entscheidung mit Rechtskraft des Scheidungsausspruchs auslaufen würde. Allerdings war dies bis zum 30. Juni 1998 bei Entscheidungen nach § 1672 BGB der Fall. Im Fall der Scheidung hatte das Familiengericht nach der damals geltenden Rechtslage nach § 1671 BGB eine neue Entscheidung über die elterliche Sorge von Amts wegen zu treffen, auch wenn bereits eine Entscheidung nach § 1672 BGB ergangen war. Mit Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes ist die Aufspaltung der Sorgerechtsregelung in eine Entscheidung für die Dauer des Getrenntlebens und für die Zeit nach der Scheidung aufgehoben. Nach Trennung der Eheleute erfolgt jetzt auf Antrag eine Regelung der elterlichen Sorge nach § 1671 BGB neuer Fassung. Eine erneute Entscheidung im Fall der Scheidung von Amts wegen ergeht nicht. Welche Konsequenzen dies für Entscheidungen hat, die noch nach altem Recht nach § 1672 BGB ergangen sind, ist in der Rechtsprechung umstritten. Die Auffassung des Amtsgerichts Weilburg, wonach eine solche Entscheidung mit der Scheidung ausläuft, wird unter anderem geteilt vom Oberlandesgericht Köln (FamRZ 1999, S. 613), OLG Nürnberg (FamRZ 1999, S. 614) und OLG Hamm (FamRZ 1999, S. 803). Die Gegenmeinung, daß die nach § 1672 BGB alter Fassung getroffene Entscheidung aufgrund der seit 1. 7. 1998 geltenden Rechtslage über eine Scheidung hinaus fortwirkt, wird unter anderem vertreten vom OLG Stuttgart (FamRZ 1999, S. 804) und vom 6. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (FamRZ 1999, S. 612). Der Senat schließt sich der letztgenannten Entscheidung an. Bei der Beurteilung dieser Frage kann es nicht im einzelnen darauf ankommen, welchen genauen Wortlaut der Tenor der nach § 1672 BGB alter Fassung getroffenen Entscheidung hat. Im vorliegenden Fall hatte das Amtsgericht Weilburg im Beschluß vom 9. 5. 1997 die elterliche Sorge für die beiden Kinder ausdrücklich für die Dauer des Getrenntlebens der Mutter übertragen. Dies entsprach einer vielfach geübten Praxis. Zum Teil hat die Praxis bei Beschlüssen nach § 1672 BGB alter Fassung demgegenüber nur so tenoriert, daß die elterliche Sorge übertragen wird. Inhaltlich macht dies keinen Unterschied aus. Da eine Übergangsregelung zu dieser Frage im Kindschaftsrechtsreformgesetz nicht enthalten ist, muß der zeitliche Geltungsbereich einer nach Trennung der Eltern getroffenen Entscheidung nach § 1672 BGB alter Fassung am jetzt geltenden Recht gemessen werden. Bedenken dagegen, daß damit eine im Grunde vorläufige und unter dem Vorbehalt einer endgültigen Entscheidung stehenden Regelung zu einer Regelung aufgewertet würde, die nur noch unter den besonderen Voraussetzungen des § 1696 BGB geändert werden könnte (so OLG Nürnberg, a.a.O.), kann dadurch Rechnung getragen werden, daß die Schwelle für eine Abänderung nach § 1696 BGB niedrig angesetzt wird. Dabei kann dem Gesichtspunkt, daß nach dam...

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