Leitsatz (amtlich)
Hatte die im Rechtsstreit obsiegende Partei ihren Prozessbevollmächtigten bereits mit ihrer vorgerichtlichen Vertretung in derselben Angelegenheit beauftragt und ist deshalb wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nr. 2300 bis 2303 RVG-VV angefallen, dann wird diese nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 zu Nr. 3100 RVG-VV zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Dies bedeutet, dass sich die Verfahrensgebühr im Umfang der vorzunehmenden Anrechnung vermindert.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3100
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 13 O 35/07) |
Gründe
I. In dem dem Kostenfestsetzungsverfahren vorausgegangenen Rechtsstreit hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von Provisionen aufgrund eines Versicherungsvertretervertrags i.H.v. 38.486,33 EUR nebst Zinsen sowie auf Widerruf und Unterlassung verschiedener Behauptungen in Anspruch genommen. Das LG hat der Klage mit Urteil vom 26.7.2007 in vollem Umfang stattgegeben. Nach diesem Urteil hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Mit Schriftsatz vom 17.8.2007 hat der Kläger u.a. eine 1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 RVG-VV aus einem Wert von 44.486,33 EUR i.H.v. 1.266,20 EUR zzgl. Umsatzsteuer zur Festsetzung angemeldet. In seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.9.2007 hat das LG zugunsten des Klägers lediglich eine 0,65 Verfahrensgebühr i.H.v. 633,20 EUR zzgl. Umsatzsteuer anerkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Da der Kläger die unstreitig angefallene vorprozessuale Geschäftsgebühr trotz Nachfrage nicht beziffert habe, sei davon auszugehen, dass eine 1,3 Geschäftsgebühr entstanden sei. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV sei die Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Dabei komme es auf die Frage, ob und inwieweit die Geschäftsgebühr im Hauptsacheverfahren tituliert worden sei, nicht an. Der Kläger hat gegen den ihm am 25.9.2007 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss am 8.10.2007 "Erinnerung" eingelegt. Er vertritt die Auffassung, dass die Geschäftsgebühr nur dann auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei, wenn sie im Hauptsacheverfahren tituliert oder der Anrechnungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren unstreitig sei. Ansonsten hindere die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV die Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr nicht. Die Beklagte hat demgegenüber auf den eindeutigen Wortlaut der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV verwiesen, nach dem sich die Verfahrensgebühr ohne weiteres um die anteilige Geschäftsgebühr vermindere. Das LG hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 25.10.2007 nicht abgeholfen.
II. Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung ist statthaft (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§§ 567 Abs. 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO). In der Sache selbst hat sie jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG zugunsten des Klägers nur eine um die hälftige Geschäftsgebühr geminderte Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht. Dies steht im Einklang mit den in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Hessen unter www. rechtsprechung. hessen. de veröffentlichen Beschlüssen des Senats vom 29.10.2007 (18 W 275/07), vom 30.10.2007 (18 W 282/07) und vom 14.11.2007 (18 W 283/07). 1. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO umfasst der prozessuale Kostenerstattungsanspruch, dessen Durchsetzung das Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO dient, die notwendigen Kosten des Rechtsstreits, wozu gem. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO insbesondere die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei gehören. Erstattungsfähig sind danach nur die dem Berechtigten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit tatsächlich erwachsenen Kosten. Dementsprechend dürfen keinesfalls höhere Kosten festgesetzt werden, als dem Berechtigten tatsächlich entstanden sind (BVerfG NJW 1983, 809; BGH NJW-RR 2003, 1217, 1218; NJW-RR 2003, 1507, 1508). Hatte die im Rechtsstreit obsiegende Partei ihren Prozessbevollmächtigten bereits mit ihrer vorgerichtlichen Vertretung in derselben Angelegenheit beauftragt und ist deshalb wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nr. 2300 bis 2303 RVG-VV angefallen, dann wird diese nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 zu Nr. 3100 RVG-VV zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Dies bedeutet, dass sich die Verfahrensgebühr im Umfang der vorzunehmenden Anrechnung vermindert (BGH NJW 2007, 2049, 2050; NJW 2007, 2050, 2052). Dabei kann für die Frage der Kostenerstattung dahinstehen, ob die Verfahrensgebühr zunächst in voller Höhe entsteht und erst in einem zweiten Schritt um den anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr gekürzt wird (so OLG München, Beschl. v. 30.8.2007 - 11 W 1779/07, juris Rz. 14; Schneider, AGS 2007, 441; Lickleder, NZM 2007, 589, 590) oder ob die Verfahrensgebühr von vornherein nur in reduzierter Höhe anfällt. Entscheidend ist allein, dass die Partei ihrem P...