Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Drittschutz zur Erzwingung von Einschreiten der BaFin für Aktionäre der Zielgesellschaft nach § 4 II WpÜG
Leitsatz (amtlich)
Auch nach Inkrafttreten der EU-Übernahmerichtlinie und des Überahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes vermitteln die Vorschriften des WpÜG nach dessen § 4 Abs. 2 den Aktionären der Zielgesellschaft grundsätzlich keinen Drittschutz zur Erzwingung eines behördlichen Einschreitens der BaFin gegen einen Bieter.
Normenkette
WpÜG § 4 Abs. 2, § 15 Abs. 1, § 35; WpüG § 38; WpÜG §§ 48, 51; GG Art. 14; EU-Übernahmerichtlinie Art. 4-5, 8
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert : 50.000,-- EURO
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist Aktionär der A AG (im Folgenden: Zielgesellschaft).
Die BaFin (Beschwerdegegnerin) gestattete der B Bank AG (im Folgenden: Bieterin) mit Gestattungsbescheid vom ... Oktober 2010 die Veröffentlichung eines freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots an die Aktionäre der Zielgesellschaft mit einem Angebotspreis von 25,00 EUR je Aktie der Zielgesellschaft, welcher auf der Grundlage des gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurses während der letzten drei Monate vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots vom 12. September 2010 ermittelt wurde.
Die Bieterin veröffentlichte die Angebotsunterlage am 07. Oktober 2010.
Mit am 19. November 2010 bei der BaFin eingegangenem Schreiben legte der Beschwerdeführer Widerspruch gegen den Gestattungsbescheid ein, mit welchem er dessen Aufhebung sowie die Verpflichtung der BaFin begehrte, gegenüber der Bieterin eine vollstreckbare Anordnung dahingehend zu erlassen, dass diese ein öffentliches Pflichtangebot an die Aktionäre der Zielgesellschaft wegen Erlangung der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle im Zeitraum zwischen dem ... September 2008 und dem ... Februar 2009 zu einem Erwerbspreis zu veröffentlichen habe, der sich nicht nur am durchschnittlichen Aktienkurs, sondern insbesondere auch an den zuvor mit der Hauptaktionärin (C AG) vereinbarten Kaufpreisen zu orientieren habe.
Die BaFin wies den Widerspruch mit Bescheid vom ... Dezember 2010 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, das WpÜG vermittele, wie insbesondere durch den auch nach Erlass der EU-Übernahmerichtlinie unverändert gebliebenen § 4 Abs. 2 WpÜG verdeutlicht werde, keinen Drittschutz. Deshalb komme eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Beschwerdeführers durch den Gestattungsbescheid nicht in Betracht. Bezüglich des erstmals im Widerspruchsverfahren gestellten Verpflichtungsantrags fehle es bereits an einer vorausgegangenen ablehnenden Erstentscheidung. Unabhängig hiervon sei ein solcher Antrag mangels Drittschutz des WpÜG ebenfalls unzulässig.
Hiergegen legte der Beschwerdeführer mit einem am 03. Januar 2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde ein.
Er macht geltend, der Gestattungsbescheid sei rechtswidrig, weil die Angebotsunterlage nach § 15 Abs. 1 WpÜG aus folgenden Gründen hätte untersagt werden müssen:
- Da zwischenzeitlich durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 2009 (3-05 O 115/08) und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2010 (5 U 144/09) festgestellt worden sei, dass die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und weiterer acht Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat der Bieterin nichtig waren, seien auch die Beschlüsse des Aufsichtsrats zur Kapitalerhöhung der Bieterin sowie zur Abgabe des Übernahmeangebots unwirksam.
- Die Angebotsunterlage enthalte außerdem nicht vollständig die Angaben der gemeinsam handelnden Personen. Der Bieterin seien die von der Hauptaktionärin gehaltenen Stimmrechte an der Zielgesellschaft zuzurechnen wegen der im Zusammenhang mit der durch Vertrag vom ... September 2008 erfolgten Übernahme von 29,75% der Anteile an der Zielgesellschaft vereinbarten Call-/Put-Optionen und einer Übernahmeverpflichtung der Bieterin in Bezug auf die im November 2008 bei der Zielgesellschaft durchgeführte Kapitalerhöhung sowie die Zeichnung einer Zwangsumtauschanleihe der Hauptaktionärin durch die Bieterin gemäß einer Vereinbarung vom ... Januar 2009. Aufgrund dieser Zurechnung sei die Bieterin spätestens am 25. Februar 2009 (vereinbarter Termin der Rückzahlung der Zwangsumtauschanleihe) verpflichtet gewesen, ein öffentliches Pflichtangebot an die Aktionäre der Zielgesellschaft zu unterbreiten, und zwar zu einem deutlich höheren Erwerbspreis, der sich nicht nur am damaligen durchschnittlichen Aktienkurs, sondern insbesondere an den mit der Hauptaktionärin vereinbarten Kaufpreisen für die Aktien der Zielgesellschaft hätte orientieren müssen.
Der Beschwerdeführer ist der Rechtsauffassung, die von der BaFin in Bezug genommene Rechtsprechung des WpÜG-Senats (D/E und F AG) und die in der Literatur überwiegend vertretene Auffassung, dass den Aktionären der Zielgesellschaft durch die Vorschrifte...