Leitsatz (amtlich)
Der Abhängigkeitsbericht, der nach den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft aufzustellen ist, muss mit der Erklärung des Vorstands schließen, ob die Gesellschaft nach den Umständen, die ihm in dem Zeitpunkt bekannt waren, in dem das Rechtsgeschäft vorgenommen oder die Maßnahme getroffen oder unterlassen wurde, bei jedem Rechtsgeschäft eine angemessene Gegenleistung erhielt und dadurch, dass die Maßnahme getroffenen oder unterlassen wurde, nicht benachteiligt wurde. Im Falle der Benachteiligung der Gesellschaft muss der Vorstand außerdem erklären, ob die Nachteile ausgeglichen worden sind. Die Erklärung des Vorstands ist auch in den Lagebericht aufzunehmen (§ 312 Abs. 2 und 3 AktG).
Normenkette
AktG §§ 311-312, 314-315
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 14.10.1993; Aktenzeichen 3/3 O 65/93) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin vom 2.6.1993 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die gerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert beträgt 5.000 Euro.
Gründe
I. In der Hauptversammlung der Antragsgegnerin am 26.5.1993 stellte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin für die Antragstellerin u.a. folgende Frage:
„Wird für die Inanspruchnahme von Konzernleistungen der A. oder ihr verbundenen Gesellschaften von der Gesellschaft eine Konzernumlage bezahlt und, wenn ja, welcher Betrag wurde der Gesellschaft für Konzernumlage oder unter ähnlichem Titel für 1992 belastet?”
Der Vorstand der Antragsgegnerin beantwortete die Frage dahin, dass die Antragsgegnerin mit einer solchen Konzernumlage belastet wurde, weigerte sich aber unter Hinweis auf den nach § 312 AktG erstellten und unbeanstandet gebliebenen Abhängigkeitsbericht die Höhe der Konzernumlage zu nennen.
Mit Antrag vom 2.6.1993 – beim LG Frankfurt am Main eingegangen am 4.6.1993 – beantragte die Antragstellerin, der Antragsgegnerin aufzugeben, der Antragstellerin die folgende Auskunft zu erteilen:
„Welcher Betrag für Konzernumlage wurde der Antragsgegnerin durch die A. oder ihr verbundene Unternehmen für 1992 belastet?”
Das LG hat dem Antrag durch den angefochtenen Beschluss (LG Frankfurt/a.M. v. 14.10.1993 – 3/3 O 65/93, DB 1993, 2371) stattgegeben und die sofortige Beschwerde zugelassen. Gegen die ihr am 27.10.1993 zugestellte Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 10.11.1993 beim LG Frankfurt am Main eingegangenen sofortigen Beschwerde.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des LG ist die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, die Höhe der Konzernumlage für 1992 zu nennen.
Allerdings ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin an einer Entscheidung in der Sache und damit ihr Anspruch auf Auskunft entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht auf Grund der Verfahrensdauer entfallen. Die Antragstellerin hat diese nicht zu vertreten. Die bedauerlicherweise sehr lange Verfahrensdauer ist vielmehr durch die Belastung des Senats mit eiligeren Verfahren bedingt.
II. § 311 AktG verbietet es einem herrschenden Unternehmen, wenn – wie vorliegend – kein Beherrschungsvertrag besteht, seinen Einfluss dazu zu benutzen, eine abhängige Gesellschaft zu veranlassen, ein für sie nachteiliges Geschäft vorzunehmen oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen oder zu unterlassen, es sei denn, dass die Nachteile ausgeglichen werden. Um die Durchsetzung dieses Verbots zu gewährleisten hat der Gesetzgeber dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft auferlegt, in den ersten drei Monaten eines Geschäftsjahres einen Bericht über die Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen aufzustellen. In dem so genannten Abhängigkeitsbericht sind alle Rechtsgeschäfte, welche die Gesellschaft im vergangenen Geschäftsjahr mit dem herrschenden Unternehmen oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen oder auf Veranlassung oder im Interesse dieser Unternehmen vorgenommen hat, und alle anderen Maßnahmen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse dieser Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr getroffen oder unterlassen hat, aufzuführen. Bei den Rechtsgeschäften sind Leistung und Gegenleistung, bei den Maßnahmen die Gründe der Maßnahme und der Vorteile und Nachteile für die Gesellschaft anzugeben. Bei einem Ausgleich von Nachteilen ist im Einzelnen anzugeben, wie der Ausgleich während des Geschäftsjahrs tatsächlich erfolgt ist, oder auf welche Vorteile der Gesellschaft ein Rechtsanspruch gewährt worden ist (§ 312 Abs. 1 AktG).
Der Abhängigkeitsbericht, der nach den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft aufzustellen ist, muss mit der Erklärung des Vorstands schließen, ob die Gesellschaft nach den Umständen, die ihm in dem Zeitpunkt bekannt waren, in dem das Rechtsgeschäft vorgenommen oder die Maßnahme getroffen oder unterlassen wurde, bei jedem Rechtsgeschäft eine angemessene Gegenleistung erhielt und dadurch, dass die Maßnahme getroffenen oder unterl...