Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung
Normenkette
HSOG § 31a
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 12.03.2021) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden (Az. ...) vom 12.03.2021 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000.- EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
4. Der Beschwerdeführerin wird für das Beschwerdeverfahren mit Wirkung vom 16.03.2021 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwältin A, Stadt1, gewährt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin hat in den Jahren 2013/2014 über das Internet und durch persönliche Kontakte mit IS-Anhängern sich der Ideologie des Islamischen Staates zugewandt. Nach Abbruch der schulischen Ausbildung ist sie am XX.XX.2014 in das IS-Herrschaftsgebiet ausgereist. Nach dem Aufenthalt in einem Frauenhaus in Stadt2/Syrien hat sie den für den IS kämpfenden B nach islamischen Ritus geheiratet, den gemeinsamen Haushalt geführt und ihren Ehemann nach Verlust seines Beines gepflegt. Nach Aufenthalt in verschiedenen Gebieten des IS-Herrschaftsgebiets wurde sie nach der Umzingelung von Stadt3/Syrien am 15.03.2019 durch kurdische Kräfte gefangen genommen und in das Lager Stadt4/Syrien verbracht. Von dort ist sie Mitte Oktober 2019 aus dem Camp in Richtung Türkei geschleust worden, wo sie durch türkische Kräfte gefangen genommen und am 15.11.2019 nach Deutschland abgeschoben wurde. Nach der Einreise nach Deutschland wurde sie sogleich in Untersuchungshaft genommen.
Nachdem gegen die Beschwerdeführerin bei der Generalstaatsanwaltschaft Stadt1 ein Ermittlungsverfahren - Az. ... - geführt wurde, wurde am 28.09.2020 bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main Anklage gegen sie erhoben mit dem Vorwurf, sich durch Ausreise zur Mitgliedschaft bei der terroristischen Organisation "Islamischer Staat" in Syrien/Irak gemäß §§ 129 a, 129 b StGB strafbar gemacht zu haben und sich durch Besitz einer Waffe (Kalaschnikow) gemäß KrWaffKontrG und durch das Bewohnen und Nutzen von als Kriegsbeute erworbenen Besitztümern der Plünderung gemäß § 9 VStGB strafbar gemacht zu haben. Die Hauptverhandlung hat am XX.XX.2020 vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main begonnen.
Der Vollzug des Haftbefehls des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, mit dem der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16.11.2019 (...) neu gefasst worden ist, wurde mit Beschluss vom 05.02.2021 (OLG Frankfurt am Main 5 - ...; Bl. 6 f. d.A.) ausgesetzt. Darin ist weitergehend angeordnet, dass die Beschwerdeführerin sich zweimal wöchentlich bei dem für ihren Wohnsitz zuständigen Polizeirevier zu melden hat und jeden Wechsel ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsorts anzuzeigen hat. Mit Verfügung vom 05.02.2021 (... hat der Beschwerdegegner ferner gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen gemäß §§ 30a, 31a Abs. 2 Nr. 3 HSOG gegenüber der Beschwerdeführerin angeordnet, nach denen diese sich u.a. - befristet zum 04.05.2021 - jeden zweiten Dienstag im Monat beim Polizeipräsidium1 zu melden hat und ihr jeglicher Kontakt zu den in einer Anlage aufgeführten Personen untersagt wird. Wegen der weiteren Einzelheiten der Verfügung wird auf Bl. 27 ff. d.A. Bezug genommen. Am 05.02.2021 ist die Beschwerdeführerin aus der Untersuchungshaft entlassen worden.
Mit Beschluss vom 05.02.2021 (...) hat das Amtsgericht Wiesbaden auf - von KOK C unterschriebenen - Antrag des Beschwerdegegners vom selben Tage die elektronische Aufenthaltsüberwachung der Beschwerdeführerin gemäß §§ 31a Abs. 1 Nr. 2 HSOG bis zum 05.05.2021 angeordnet. Nach dagegen gerichteter Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.02.2021 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht Wiesbaden vorgelegt, das mit Beschluss vom 17.02.2021 (...) die Sache zuständigkeitshalber an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main abgegeben hat.
Mit Schreiben vom 11.03.2021 (Bl. 74 ff. d.A.) hat der Beschwerdegegner beim Amtsgericht erneut einen - vom Vizepräsidenten des Hessischen Landeskriminalamts unterschriebenen - Antrag auf Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung zur Verhütung terroristischer Straftaten gemäß § 31a Abs. 1 Nr. 2 HSOG für die Dauer von drei Monaten gestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe durch ihr bisheriges individuelles Verhalten gezeigt, dass sie von ihr geplante Straftaten auch begehen wird. So habe sie die Planung und Durchführung einer Ausreise in ein Jihadgebiet, um sich einer Terrororganisation anzuschließen, was eine terroristische Straftat darstelle, auch durchgeführt. Sie habe sich bereits 2014 mit der Ausreise in ein Jihadgebiet auseinandergesetzt und sich im IS-Herrschaftsgebiet auch bis zum 15.03.2019 aufgehalten. Lediglich die Festnahme durch kurdische Milizen habe sie an der Fortführung ihres Aufenthalts und der Mitgliedschaft bei der Organisation des IS gehind...