Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen der indiziellen Bedeutung eigener Streitwertangaben für das verfolgte Interesse

 

Leitsatz (amtlich)

Der Grundsatz, dass eigene Streitwertangaben des Klägers oder Antragstellers zu Beginn des Verfahrens indizielle Bedeutung für das tatsächlich verfolgte Interesse haben, gilt nicht, wenn der Anspruchsteller in der vorangegangenen Abmahnung einen höheren Streitwert angegeben hat. In diesem Fall ist der zunächst angegebene Streitwert auch für das gerichtliche Verfahren maßgebend, soweit für die Reduzierung keine nachvollziehbaren Gründe angeführt werden; hierfür reicht der Vortrag, der Streitwert sei vorsichtshalber niedriger angegeben worden, weil die Identität des Antragsgegners unklar gewesen sei, nicht aus.

 

Normenkette

GKG § 51

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.05.2019; Aktenzeichen 2-6 O 205/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist ein auf die Verletzung von Design- und Markenrechten gestützter Unterlassungsanspruch. Die Antragstellerin hat in der Antragsschrift einen - vorläufig geschätzten - Streitwert in Höhe von EUR 10.000,00 angegeben. In der vorprozessualen Abmahnung hatte sie Kostenerstattung auf Basis eines Streitwerts von EUR 100.000,00 verlangt. Das Landgericht hat den Streitwert des Eilverfahrens mit Beschluss vom 22.5.2019 auf EUR 70.000,00 festgesetzt. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und einem Antrag auf Streitwertbegünstigung. Er verlangt eine Herabsetzung des Streitwerts auf EUR 7.000,00. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Den Antrag auf Streitwertbegünstigung hat es noch nicht beschieden.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 51 Abs. 2 GKG ist der Streitwert entsprechend der sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse des Klägers bzw. Antragstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, das maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt wird (BGH GRUR 2017, 212 - Finanzsanierung). Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Beschl. v. 3.11.2011 - 6 W 65/10) der Streitwertangabe des Anspruchsstellers zu Beginn des Verfahrens eine indizielle Bedeutung für das tatsächlich verfolgte Interesse zu.

Gibt die Antragstellerin zu Beginn des Verfahrens einen niedrigeren Streitwert als in der Abmahnung an, ist dies allerdings ein Indiz dafür, dass der in der Antragsschrift angesetzte Wert untersetzt ist. Dafür spricht auch, dass die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegt hat, der Streitwert sei nur vorsichtshalber niedriger angegeben worden, da unklar war, ob die Personaldaten des Antragsgegners zutreffend sind. Sie wollte also eigenen Kostenrisiken aus dem Weg gehen. Das Landgericht hat daher zu Recht den Streitwert anhand des in der Antragsschrift mitgeteilten Sach- und Streitstandes geschätzt. Danach handelt es sich bei dem geschützten Händetrockner um einen "Designklassiker", der bereits seit 20 Jahren vertrieben wird. Es ist von einem entsprechend hohen Wert des Designrechts auszugehen. Ebenfalls war nach den Angaben in der Antragsschrift von einem erheblichen Angriffsfaktor auszugehen. Dass der Antragsgegner nach seinem Vortrag mit den angegriffenen Produkten keinerlei Umsätze erzielt, war aus der Antragsschrift nicht ersichtlich. Die persönlichen Verhältnisse des Antragsgegners werden im Rahmen seines Antrags auf Streitwertbegünstigung zu berücksichtigen sein. Nach Abzug der gemäß § 51 Abs. 4 GKG vorgeschriebene Ermäßigung wurde der Streitwert für das Eilverfahren zu Recht auf EUR 70.000,00 festgesetzt.

Das Landgericht wird noch über den Antrag auf Streitwertbegünstigung zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§§ 574 ZPO, 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 4 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 13403097

FA 2020, 51

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