Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Ordnungsgemäßheit einer Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag

 

Normenkette

BGB-InfoV § 14; BGB § 355

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.11.2015; Aktenzeichen 2-18 O 204/15)

 

Tenor

Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 16.11.2015 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.08.2016.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt nach Darlehenswiderruf Feststellung, dass der Darlehensvertrag durch den Widerruf aufgelöst ist und die Beklagte hieraus keine Leistungen mehr verlangen kann. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das LG hat festgestellt, dass der Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, die Zulässigkeit des Feststellungsantrags ergebe sich daraus, dass die Umwandlung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis jedenfalls ein "Weniger" als ein Auflösen darstelle. An der Feststellung dieses Rechtsverhältnisses habe der Kläger auch ein entsprechendes Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO.

Der Kläger dringe mit dem Feststellungsantrag insoweit durch, als der streitgegenständliche Darlehensvertrag wirksam widerrufen und somit in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt worden sei. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung entspreche nicht der seinerzeit maßgeblichen Musterbelehrung nach der BGB-InfoV und entspreche zudem nicht den seinerzeit gültigen gesetzlichen Vorgaben.

Die Belehrung hinsichtlich der Widerrufsfolgen sei fehlerhaft. Während in dem ersten unter "Widerruf bei bereits ausgezahlten Darlehen" stehenden Absatz noch richtigerweise aufgeführt werde, "Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden", stehe der darauffolgende Absatz hierzu im Widerspruch. Dort werde der Verbraucher dahingehend belehrt, wann die "Zwei-Wochen-Frist" für die Rückzahlung des Darlehens beginne. Dies suggeriere, er müsse die Rückzahlung innerhalb von 2 Wochen erfüllen. In diesem Punkt sei die Belehrung auch nach der damaligen Gesetzeslage fehlerhaft. Nach § 357 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. i.V.m. § 286 Abs. 3 BGB a.F. sei die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen innerhalb von 30 Tagen fällig. Danach habe für die Pflicht zur Rückgewähr von Zahlungen die Verzugsregelung für Geldschulden in § 286 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. gegolten. Die Verweisung habe zur Folge, dass Verzug ipso iure spätestens 30 Tage nach Ausübung des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts eintrete. Für Erstattungspflichten des Unternehmers werde dabei konkret an den Zugang der Widerrufserklärung bzw. den Erhalt der Ware oder (ausnahmsweise) den Zugang eines Rücknahmeverlangens beim Unternehmer angeknüpft. Für Erstattungspflichten des Verbrauchers geschehe dies bereits mit der Ausübung dieser Rechte durch Abgabe der entsprechenden Erklärung bzw. Absendung der zurück zu gewährenden Sache (MüKoBGB/Masuch, 5. Aufl. 2007, BGB § 357 Rn. 32). Die Erklärung sei damit aus Sicht des Verbrauchers widersprüchlich und verwirrend. Zudem sei sie geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher von der Ausübung seines Rechts abzuhalten, da es einen erheblichen Unterschied darstelle, ob die Verpflichtung zur Rückzahlung binnen zwei Wochen oder binnen 30 Tagen bestehe. Das gelte insbesondere für Darlehensverträge, da die Verbraucher hier in der Regel hohe Geldsummen zurückzahlen müssten. Auch sei es der Beklagten selbst nicht gelungen, eine plausible Erklärung für diese abweichende Frist darzulegen.

Die Beklagte könne sich auch nicht damit entlasten, dass zum damaligen Zeitpunkt keine gesetzliche Verpflichtung bestanden habe, über die Widerrufsfolgen zu belehren. Zwar sei dies nach der damals geltenden Fassung des § 355 Ans. 2 BGB a.F. der Fall gewesen. Dies ergibt sich auch aus einer Zusammenschau mit § 312 Abs. 2 BGB a.F., welcher ausdrücklich eine Belehrungspflicht über die Rechtsfolgen des Widerrufs bei einem Haustürgeschäft vorgesehen habe. Aus dem Umstand, dass § 355 Abs. 2 BGB a.F. eine solche Regelung nicht getroffen habe, sei e contrario zu folgern, dass eine ausdrückliche Belehrung zu den Widerrufsfolgen bei Verbrauchergeschäften, die nicht in einer Haustürsituation zustande gekommen seien, nicht erforderlich sei (OLG Hamm, Urt. v. 16.03.2015, 31 U 118/14, zitiert nach [...]; OLG Celle, Beschl. v. 14.07.2014, 3W 34/14, zitiert nach [...]). Belehre aber der Unternehmer trotzdem über die Widerrufsfolgen, sei diese Belehrung dann nicht ordnungsgemäß i.S.d. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F., wenn die Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs fehlerhaft erfolgt sei. So liege der Fall hier. Die dem Verbraucher vorliegend an die Hand gegebene Information entspreche nicht der damaligen Rechtslage.

Im Übrigen ...

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