Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Wertung der Stimmenthaltungen bei Pattsituationen
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 62 UR II 204/86 WEG) |
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/9 T 461/87) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Antragsgegner zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert: 913,80 DM.
Gründe
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluß beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Verwalterbestellung in der Eigentümerversammlung vom 03.03.1986 nach § 23 IV WEG mit Erfolg hätte angefochten werden müssen, um die Aktivlegitimation des Antragstellers bestreiten zu können.
Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Senates (OLG Frankfurt OLGZ 80, 163) und der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Rdnr. 875 Fn 123; der BGH hat sich bisher nur zum Vereinsrecht geäußert), daß Stimmenthaltungen als Nein-Stimmen zu werten sind, was vorliegend bedeuten würde, daß bei einer nachträglichen rechtlichen Würdigung kein Mehrheitsbeschluß zur Verwalterwahl zustandegekommen wäre. Es wird in der Rechtsprechung (KG Rpfleger 79, 65; BayObLG DWE 84, 62 LS) auch die Auffassung vertreten, daß die Ergebnisfeststellung des Versammlungsleiters über die Annahme eines Beschlußantrages für die Frage der Existenz eines Mehrheitsbeschlusses nicht maßgebend sei. Beides schließt hier aber nicht aus, daß die Frage, ob ein anfechtbarer Mehrheitsbeschluß oder ein der Anfechtung nicht unterliegender Nichtbeschluß vorliegt, innerhalb der Frist des § 23 IV WEG zur Entscheidung des Gerichts hätte gestellt werden müssen.
Im vorliegenden Fall liegt kein offensichtlicher Nichtbeschluß vor, wie es z.B. der Fall wäre, wenn es an einer Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt, eine nicht einberufene Versammlung beschließt oder eine Mehrheit offensichtlich nicht erreicht wurde (Palandt-Bassenge, BGB, 46. Aufl. § 23 WEG Anm. 4 b ff). Im Hinblick darauf, daß die Wertung der Stimmenthaltungen sehr umstritten ist und bei einer Nichtberücksichtigung der Enthaltungen ein Mehrheitsbeschluß gegeben wäre, kann von einer offensichtlich fehlenden Mehrheit nicht ausgegangen werden. Ist es daher für die Miteigentümer zweifelhaft, ob die für den Antrag abgegebene Zahl der Stimmen für die Annahme des Antrages genügend ist, dann ist § 23 IV WEG anzuwenden (BayObLG MDR 85, 58; Palandt-Bassenge, a.a.O., § 23 WEG Anm. 4 b bb; Bärmann-Pick-Merle, WEG, 6. Aufl., § 23 Rdnr. 35). Diese Rechtsverfolgung rechtfertigt sich auch daraus, daß § 23 IV WEG im Interesse der Rechtssicherheit alsbald klare Verhältnisse schaffen und – wie das Landgericht ausgeführt hat – die Zahl der nichtigen Beschlüsse gering halten will (Palandt-Bassenge, a.a.O., § 23 WEG Anm. 4a m.w.N.). Dies gilt insbesondere, wenn es – wie hier – um eine Verwalterwahl geht und der Beirat mit dem Verwalter einen Verwaltungsvertrag geschlossen hat.
Die weitere Beschwerde war danach mit den Nebenentscheidungen aus den §§ 47, 48 II WEG zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 555703 |
OLGZ 1988, 316 |