Leitsatz (amtlich)
Aufrechnung mit Schadenersatzanspruch steht Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nicht entgegen
Normenkette
ZPO §§ 1059-1060, 1062
Nachgehend
Tenor
Der in dem ICC-Schiedsverfahren Nr. ... zwischen der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin und der Antragstellerin als Schiedsbeklagter von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Schiedsrichter B als Einzelschiedsrichter, am 18.12.2019 erlassene Schiedsspruch mit folgendem Inhalt:
1. Die Schiedsklägerin hat an die Schiedsbeklagte 127.000,00 Euro zuzüglich Zinsen zu einem Satz von fünf Prozent auf diesen Betrag seit dem 29. April 2015 bis zum Datum der Zahlung zuzüglich weiterer Zinsen in Höhe von 73.247,03 Euro zu zahlen, wobei jeder Betrag Zug um Zug gegen die Rückgabe der sechsspurigen, Servo-gesteuerten Entstapelungs-, Abfüll- und Abdichtungsmaschine, Typ C (die "Maschine") zu erfolgen hat.
2. Es wird festgestellt, dass die Schiedsklägerin sich bezüglich der Demontage und des Abtransports der "Maschine" vom Standort der Schiedsbeklagten in der Fabrik A Ort1 A, Schweden, seit dem 1. Februar 2018 im Annahmeverzug befindet.
3. Die Schiedsklägerin hat an die Schiedsbeklagte pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 98.100,00 Euro zuzüglich Zinsen zu einem Satz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz im Sinne von § 247 BGB seit dem 8. Dezember 2017 bis zum Zeitpunkt der Zahlung zu zahlen.
4. Die Schiedsklägerin hat an die Schiedsbeklagte konkreten Schadensersatz in Höhe von 21.145,15 Euro zuzüglich Zinsen zu einem Satz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz im Sinne von § 247 BGB seit dem 8. Dezember 2017 bis zum Zeitpunkt der Zahlung zu zahlen.
5. Es wird festgestellt, dass die Schiedsklägerin keinen Schadensersatzanspruch gegen die Schiedsbeklagte in Höhe von 1.993.076,00 Euro (wie von der Schiedsklägerin zum Beispiel in ihrer Replik mit Datum vom 27. September 2018 auf den Seiten 25 ff. geltend gemacht) hat.
6. Die Schiedsklägerin hat 72% und die Schiedsbeklagte hat 28% der Kosten des Schiedsverfahrens zu tragen, und dementsprechend hat die Schiedsklägerin an die Schiedsbeklagte weitere Beträge in Höhe von 26.400,00 USD für die vom Gericht festgelegten Kosten dieses Schiedsverfahrens sowie 459.176,75 Euro für die Kosten der Verteidigung und andere Kosten zu zahlen, dies jeweils zuzüglich Zinsen zu einem Satz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz im Sinne von § 247 BGB seit dem Datum dieses Schiedsspruchs bis zur jeweiligen Zahlung.
7. Alle sonstigen Forderungen und Anträge der Parteien werden zurückgewiesen.
wird für vollstreckbar erklärt.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Der Gegenstandswert wird auf 2.039.321,15 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien schlossen am 17.03.2015 einen Vertrag, in dem sich die Antragsgegnerin verpflichtete, der Antragstellerin eine Stückgut-Füllmaschine zum Eindosen von Fisch zu einem Kaufpreis von 1.270.000,00 EUR zu liefern.
In den Vertrag waren die von der Antragstellerin gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Orgalime S 2012, englischsprachige Fassung deutschsprachige Fassung) einbezogen.
Diese enthielten in der englischsprachigen Fassung (Anlage DLA 1) folgende Regelungen:
"DISPUTES AND APPLICABLE LAW
46. All disputes rising out of or in connection with the contract shall be finally settled under the rules of arbitration of the international chamber of commerce by one or more arbitrators appointed in accordance with the set rules.
47. The Contract shall be governed by the substantive law of the Supplier's country."
In der deutschsprachigen Fassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage DLA 2) lautet die entsprechende Passage:
"STREITIGKEITEN UND ANWENDBARES RECHT
46. Alle sich in Verbindung mit oder aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden nach der Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer von einem
oder mehreren Schiedsrichter/n endgültig entschieden, der/die gemäß dieser Ordnung ernannt wird/werden."
47. Der Vertrag unterliegt dem materiellen Recht des Landes des Lieferers."
Es kam im Folgenden zu Streitigkeiten der Parteien über von der Antragstellerin gerügte Mängel der Maschine. Die Antragstellerin erklärte mit Anwaltsschreiben vom 07.12.2017 gegenüber der Antragsgegnerin die "avoidance" (deutsch: "Aufhebung") des Vertrages. Die Maschine verblieb sodann auch während des zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahrens bei der Antragstellerin.
In dem Schiedsverfahren verfolgten die Parteien im Wege von Klage und Widerklage verschiedene Anträge und vereinbarten in den terms of reference als Ort des Schiedsverfahrens Frankfurt am Main.
Im Verlauf des Schiedsverfahrens einigten sich die Parteien auf Aufforderung des Schiedsgerichts am 09.10.2019 per Email darauf, dass der Beweis für alle angefallenen Kosten allein durch Vorlage von Rechnungen geführt werden sollte. Die Vorlage von Zahlungsbelegen als Beweismittel wurde von den Parteien ausdrücklich ausg...