Verfahrensgang

Vergabekammer des Landes Hessen (Aktenzeichen 69d-VK 37/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu tragen.

Die Hinzuziehung von Bevollmächtigten durch die Beteiligten war erforderlich.

Der Beschwerdewert betragt 28.160,– EUR.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin schrieb am 24.01.2003 im offenen Verfahren nach VOB/A für das Bauvorhaben …, Neubau der Physik auf dem naturwissenschaftlichen Campus …, das Gewerk Dachabdichtungsarbeiten aus.

Mit Schreiben vom 18.02.2003 teilte die Antragsgegnerin den Bietern mit, in der Ausschreibung hätten sich einige Fehler eingeschlichen und bat bezüglich der Positionen 1.1.30 und 1.2.20 um Vornahme einer Textänderung, außerdem um Austausch der Seiten 18 und 27 des Leistungsverzeichnisses sowie der Seiten 11 und 12. Unter dem 21.02.2003 wies die Antragsgegnerin zudem darauf hin, dass bezüglich der, Austauschseiten 18 und 27 eine Zeichenlegende benötigt werde, diese den Verdingungsunterlagen beizufügen und bei der Kalkulation zu berücksichtigen sei.

Die Antragstellerin gab ein Hauptangebot mit 592.829,17 EUR (abzüglich eines fünfprozentigen Nachlasses) sowie ein technisches Nebenangebot mit einem Bruttobetrag von 581.959,83 EUR ab. Nach der Submission am 07.03.2003 lag die Antragstellerin – unstreitig – mit ihrem Hauptangebot unter Berücksichtigung des fünfprozentigen Nachlasses auf Platz 2, die Beigeladene auf Platz 6 der Bieterrangfolge.

Unter dem 14.04.2003 (Bl. 68 d.A.) wies die Antragsgegnerin sodann darauf hin, dass sich hinsichtlich der Positionen 1.1.10 bis 1.1.50 aufgrund eines EDV-Fehlers die Mengenangaben beim Ausdruck des Leistungsverzeichnisses verschoben hätten und deshalb die Einheitspreise den jeweiligen Mengen nicht mehr eindeutig zugeordnet werden könnten. Deshalb fragte sie an, ob die Antragstellerin damit einverstanden sei, wenn die Preise den richtigen Mengen zugeordnet würden und insbesondere eine Verschiebung der Preise von 1.1.50 zu 1.1.40 vorgenommen werde. Dabei machte sie deutlich, diese Benachrichtigung ergehe im Rahmen des § 24 VOB/A (Aufklärung).

Die Antragstellerin stimmte dieser Vorgehensweise ausdrücklich zu, wobei sie nach ihrer Darstellung davon ausgegangen ist, dass entsprechend bei allen Bietern so verfahren werde. Nach Akteneinsicht stellte die Antragstellerin jedoch fest, dass offenbar nicht bei allen Bietern eine Verschiebung vorgenommen worden ist. Die Antragstellerin focht deshalb ihre Willenserklärung – Zustimmung zu der von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Verschiebung der Preise – an und begründete dies damit, dass offenbar nicht alle Bieter aufgrund der missverständlichen Zuordnung der Mengenangaben im Leistungsverzeichnisausdruck die Verteilung der Positionen falsch vorgenommen hätten. Zwar habe zum Beispiel die Beigeladene offensichtlich die Position 1.1.50 mit null und die Position 1.1.40 bereits zutreffend mit 7.730 qm (nicht 1.480 qm) angeboten und damit den Preis entsprechend niedriger kalkulieren können. Da in dem Anschreiben der Antragsgegnerin vom 14.04.2003 aber der Eindruck erweckt worden sei, bei allen Bietern werde gleichermaßen eine Verschiebung der Preise vorgenommen, manche Bieter aber offensichtlich den Fehler sogleich bemerkt hätten, liege eine Täuschung und ein beachtlicher Irrtum der Antragstellerin und damit eine unrechtmäßige Ungleichbehandlung vor. Sie, die Antragstellerin, sei fehlerhaft nicht darauf hingewiesen worden, dass es Bieter gegeben habe, die die fraglichen Positionen bereits zutreffend mit Masse und Preis versehen hätten.

Erstmals rügte die Antragstellerin einen „Vergabeverstoß” mit Schreiben ihres Geschäftsführers vom 16.06.2003. „Aufgefüllt” wurde diese Rüge mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.06.2003.

Die Antragstellerin reichte sodann einen Nachprüfungsantrag ein, der am 23.06.2003 bei der Vergabekammer eingegangen ist. Die 5-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 GWB war am 28.07.2003 abgelaufen, ohne dass die Vergabekammer eine Entscheidung getroffen hat.

Hiergegen richtet sich die gemäß § 116 Abs. 2 GWB eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie nochmals eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die „Verschiebung” der Angebotspreise zu den einzelnen Positionen geltend macht. Damit habe die Antragsgegnerin auch das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht ausreichend gewahrt. Darüber hinaus habe sie unzulässigerweise ihr – der Antragstellerin – Nebenangebot nicht gewertet. Unter den gegebenen Umständen sei es erforderlich gewesen, die Ausschreibung aufzuheben, weil die Verdingungsunterlagen hätten geändert werden müssen, und eine Gleichbehandlung nicht gewährleistet gewesen sei. Deshalb sei jedenfalls ihr – der Antragstellerin – Angebot so zu werten, wie es ohne Korrektur abgegeben worden sei.

Im Übrigen seien die – unstreitig fehlenden Fabrikationsanga...

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