Leitsatz (amtlich)
Allein der Umstand, dass der Verurteilte in der Entziehungsanstalt Schwierigkeiten bereitet, Rückfälle in sein Suchtverhalten erleidet oder Lockerungen zu Straftaten missbraucht, stellt noch keinen Anlass dar, ihn in den Strafvollzug zu überweisen.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 20.07.2001) |
Tenor
Gründe
Durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juli 2001 wurde gegen den Verurteilten wegen neunfachen Diebstahls, räuberischen Diebstahls und anderer Delikte eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt. Zusätzlich wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB angeordnet. Derzeit wird die Maßregel vollstreckt, der Halbstrafenzeitpunkt ist noch nicht erreicht.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer ausgesprochen, dass die Unterbringung nicht weiter zu vollziehen und der Verurteilte deshalb in den Strafvollzug zu überführen sei (§ 67d Abs. 5 StGB). Hiergegen richtet sich die zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten, die auch in der Sache Erfolg hat.
Die Kammer ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die mit Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juli 2001 angeordnete Unterbringung nach Maßgabe des § 67d Abs. 5 StGB in der Fassung, welche die Vorschrift nach der Teilnichtigkeitserklärung durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. 3. 1994 (BVerfGE 91, 1 ff. = NStZ 1994, 578 ff. = StV 1994, 594 ff. ) erhalten hat, nicht weiter vollzogen werden darf. Zwar ist vom weiteren Vollzug der Maßregel bereits dann abzusehen, wenn aus in der Person des Verurteilten liegenden Gründen, insbesondere wegen dauerhaft verfestigter Therapieunwilligkeit oder Therapieunfähigkeit keine konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg mehr besteht. Hierbei ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschl. v. 23. 7. 2002 - 3 Ws 753/02 m. w. N. ) entscheidend, ob bei der gebotenen Gesamtschau des bisherigen Verhandlungsverlaufs eine mit therapeutischen Mitteln des Maßregelvollzugs nicht mehr aufbrechbare Behandlungsunwilligkeit oder Behandlungsunfähigkeit des Verurteilten vorliegt, namentlich eine realistische Chance auf das Erreichen des Maßregelzwecks (i. e. die zumindest zeitweilige Heilung von der Sucht) weder durch einen Wechsel der behandelnden Therapeuten und/oder der angewandten Therapie, noch durch ein Überwechseln des Verurteilten in den Vollzug einer anderen Maßregel oder einen teilweisen Vorwegvollzug der Strafe begründet werden kann. Diese Feststellung darf nur auf einer zuverlässigen Erkenntnisgrundlage erfolgen (BVerfG 91, 1, 15; Senat, Beschlüsse v. 11. 6. 2002 - 3 Ws 668/01 und v. 15. 8. 2001 - 3 Ws 785/01; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl. , § 67d Rn. 7; Hörn, in: SK-StGB 1998, § 67d Rn. 7a), d. h. die dauerhafte Therapieunwilligkeit oder -fähigkeit muss sich ausreichend durch Tatsachen untermauern lassen. Insbesondere stellt der Umstand, dass der Verurteilte in der Anstalt Schwierigkeiten bereitet, Rückfälle in sein Suchtverhalten erleidet oder gar Lockerungen zu Straftaten missbraucht, als solches noch keinen Anlass dar, ihn in den Strafvollzug zu überweisen (vgl. Senat aaO).
Diese Auffassung des Senats korrespondiert mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat mehrfach hervorgehoben, dass die Unterbringung auch und gerade dazu dient, die Ursache fehlender Therapiemotivation oder -fähigkeit zu beheben, namentlich fehlende Therapiebereitschaft überhaupt erst zu wecken, um so die Voraussetzungen einer erfolgsversprechenden Weiterbehandlung zu schaffen (BGH, NStZ-RR 1998, 70; NStZ-RR 1999, 10; NStZ-RR 2002, 7 - jew. m. w. N. ). Von daher geht auch die Annahme der Strafvollstreckungskammer, es bedürfe weder der Behandlung des Verurteilten im Maßregelvollzug über einen längeren Zeitraum, noch der Erprobung verschiedener therapeutischer Ansätze, bevor nach § 67d Abs. 5 StGB verfahren werde könne, in dieser apodiktischen Form fehl.
Bei der gebotenen Gesamtschau des bisherigen Behandlungsverlaufs lässt sich eine durch Tatsachen ausreichend untermauerte dauerhaft verfestigte Behandlungsunwilligkeit oder Therapieunfähigkeit des Verurteilten (derzeit noch) nicht feststellen.
Den Willen, sich einer Behandlung seiner Sucht und seiner die mitbedingenden und überlagernden Persönlichkeitsstörung zu unterziehen, hat der Verurteilte mehrfach bekundet. Kammer und Anstalt nehmen demzufolge auch an, der Abbruch des Maßregelvollzugs sei deshalb geboten, weil die Persönlichkeitsstörung des Verurteilten mit den Mitteln des Maßregelvollzugs nicht (mehr) behandelbar sei, was nach sich ziehe, dass auch die Suchtproblematik therapeutisch nicht (mehr) angegangen werden könne. Weder der angefochtene Beschluss noch die Anstalt verhalten sich aber dazu, ob - was mit Blick auf normverletzendes Verhalten des Verur...