Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wohnungseigentümer ist ohne Ermächtigung durch die übrigen Wohnungseigentümer antragsbefugt für einen Unterlassungsanspruch gegen einen Handlungsstörer, der ebenfalls Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist, wegen zweckwidriger Nutzung von Gemeinschaftseigentum.
2. Die Nutzung von in der Teilungserklärung als Kellerräume bzw. in einer in Bezug genommenen Lageskizze mit der Bezeichnung "Fahrräder" und "Hobby" versehenen Räume des Gemeinschaftseigentums zu Wohnzwecken verstößt bei der gebotenen typisierten Betrachtungsweise gegen die vereinbarte Zweckbestimmung in der Teilungserklärung auch dann, wenn an den Räumen ein Sondernutzungsrecht besteht.
3. Für die Verwirkung eines Unterlassungsanspruchs müssen zu dem Zeitmoment weitere Umstände hinzutreten, auf Grund derer der Verpflichtete auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs vertrauen durfte.
4. Auch bei einem Unterlassungsanspruch sind für die Bestimmung des Geschäftswertes die Interessen sämtlicher Beteiligter zu berücksichtigen und beim Fehlen konkreter Anhaltspunkte eine Schätzung nach § 30 Abs. 2 KostO vorzunehmen.
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 17.10.2001; Aktenzeichen 19 T 562/2000, 19 T 22/2001) |
AG Langen (Hessen) (Aktenzeichen 54-II 52/99 (11)) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt der Antragsgegner. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 10.000 DM.
Gründe
Die Beteiligten bilden zusammen die Wohnungseigentümergemeinschaft ...-straße ... in O1-O2. Der Antragsteller und der Antragsgegner streiten um die Untersagung der Wohnnutzung von Räumen im Untergeschoss der Liegenschaft durch den Antragsgegner.
Der Antragsgegner ist Eigentümer der Wohnung Nr. ... im Parterre .... Laut Teilungserklärung vom 10.7.1984 steht dem Antragsgegner außer einem zum Sondereigentum gehörenden Kellerraum u.a. ein "Sondernutzungsrecht an den nicht im Sondereigentum stehenden Kellerräumen lt. anliegender Lageskizze (Anlage 2)... umrandet, einschließlich Terrasse" zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die Teilungserklärung (Bl. 6-17 d.A.) verwiesen.
Die im Sondernutzungsrecht des Antragsgegners stehenden Räume im Untergeschoss sind als Wohnräume ausgebaut. Nach Bescheiden vom 13.3./23.3.2001 (Bl. 225-234 d.A.) ist im Laufe des Erstbeschwerdeverfahrens die Nutzungsänderung von Kellerräumen zu Wohnung von der Stadt O1 genehmigt bzw. durch den Kreis O3 eine Baugenehmigung erteilt worden.
Mit Verträgen vom Juli 1984 (Bl. 102, 103 d.A.) und September 1986 (Bl. 105, 106) hatten der Antragsgegner und seine Ehefrau dem ursprünglichen teilenden Eigentümer B A und dessen Sohn C A ein Nießbrauchsrecht an dem Miteigentumsanteil eingeräumt und schuldrechtlich vereinbart, dass die Ausübung sich auf die Eigen- und Fremdnutzung (eventuell Vermietung, soweit dies möglich ist) u.a. der Räume im Untergeschoss beschränkt.
B A vermietete die Räume ab Januar 1985 für 850 DM monatliche nebst Nebenkosten an Frau D E. Die Mietsache wurde im Vertrag vom 25.10.1985 (Bl. 107-109 d.A.) als Wohnung im Gartengeschoss, umfassend drei Zimmer, Küche, Diele (Flur), Bad/Duschraum und Keller bezeichnet. Am 14.12.1987 unterzeichneten einige Wohnungseigentümer und Mieter der Liegenschaft, u.a. der Antragsteller und seine Ehefrau eine "Bestätigung" (Bl. 110 d.A.), wonach sie sich durch Frau E in keiner Weise gestört, belästigt oder gar durch Lärm in irgendeiner Weise beeinträchtigt fühlten. Nach dem Auszug von Frau E Ende 1987 wurden die Räume weiter durch C A genutzt, in welcher Weise ist zwischen Antragsteller und Antragsgegner streitig.
In einem Schreiben des früheren Verfahrenbevollmächtigten des Antragstellers vom 27.12.1993 (Bl. 184 d.A.) wurde der Antragsgegner aufgefordert, zu erklären, dass die Räume im Kellergeschoss nicht (als Wohnräume) vermietet werden. Der Antragsgegner antwortete hierauf mit Schreiben vom 10.12.1993 (Bl. 18 d.A.), er habe in der letzten Eigentümerversammlung lediglich darüber informiert, dass die Wohnung im Erdgeschoss ... neu vermietet sei, von einer Vermietung anderer Räumlichkeiten sei keine Rede gewesen. Der Verfahrensbevollmächtigte erwiderte mit Schreiben vom 11.1.1994 (Bl. 19 d.A.), seine Mandantschaft nehme zur Kenntnis, dass auf Grund der Äußerungen des Antragsgegners davon auszugehen sei, dass eine Vermietung der Kellergeschosswohnung nicht erfolgen werde.
In dem Protokoll zu der Eigentümerversammlung vom 26.1.1996 (Bl. 21 d.A.) heißt es unter dem TOP 2) Kellerräume F:
"Im Grundbuch von O2, Band ..., Bl. ... hat der Eigentümer der Wohnung Nr. ... (Erdgeschoss ...) auch die Sondernutzungsrechte an den Kellerräumen unterhalb der Wohnung Nr. .... Eigentümer der Wohnung Nr. ... ist Herr F. Damit die Kellerräume als Wohnung genutzt werden dürfen, muss vom Bauamt eine Änderung der Nutzung vorliegen. Solange eine solche Änderung nicht vorliegt, dürfen die Kelleräume nicht an Dritte weitervermietet werden. Laut Her...