Normenkette

ZPO §§ 114, 118; RVG § 48 Abs. 3; FamFG § 149

 

Verfahrensgang

AG Gießen (Beschluss vom 03.08.2012; Aktenzeichen 250 F 292/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss vom 3.8.2012 aufgehoben. Es verbleibt bei der Festsetzung gemäß Beschluss vom 17.7.2012.

Die Entscheidung ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG).

 

Gründe

Dem Antragsteller wurde mit Beschluss vom 1.4.2011 für das Ehescheidungsverfahren und den Versorgungsausgleich Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.12.2011 schlossen die Beteiligten über nicht anhängige Folgesachen einen schriftlich vorgefertigten Vergleich, der als Anlage zum Protokoll genommen wurde. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für den Antragsteller wurde auf die soeben abgeschlossene Scheidungs - folgenvereinbarung erstreckt.

Dem Verfahrensbevollmächtigten wurde am 5.5.2011 zunächst ein Vorschuss i.H.v. 325,47 EUR bewilligt. Mit seinem Festsetzungsantrag vom 17.1.2012 verlangte er zunächst insgesamt 909,76 EUR abzgl. des Vorschusses. Hierbei setzte er die Verfahrens- und Terminsgebühr aus dem Verfahrenswert der Hauptsache an und eine Einigungsgebühr nach Nr. 1003 Vergütungsverzeichnis (VV) RVG aus dem Vergleichswert von 15.800 EUR. Antragsgemäß wurden weitere 584,29 EUR festgesetzt.

Mit Nachfestsetzungsantrag vom 3.7.2012 verlangte der Verfahrens - bevollmächtigte sowohl eine Verfahrens- als auch eine Terminsgebühr aus dem vollen Wert aus Hauptsache und Vergleich sowie eine 1,0 Einigungsgebühr aus 1.000 EUR und eine 1,5 Einigungsgebühr aus dem Vergleichswert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Antrages Bezug genommen. Mit Beschluss vom 17.7.2012 wurden weitere 152,91 EUR festgesetzt. Begründet wurde dies mit der 1,5 Einigungsgebühr. Abgelehnt wurden die Verfahrensdifferenzgebühr und die Terminsgebühr.

Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten setzte das AG in Abänderung des Beschlusses vom 17.7.2011 die Vergütung auf 381,99 EUR fest. Dem legte es die 0.8 Verfahrensdifferenzgebühr und eine 1.2 Terminsgebühr aus dem Vergleichswert zugrunde. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 15.8.2012.

Die Beschwerde in dem Verfahren zur Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdesumme ist erreicht (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 ff. RVG).

Für die Frage, in welchem Umfang dem Verfahrensbevollmächtigten ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zusteht, kommt es gem. §§ 45, 48 RVG auf den Inhalt des Bewilligungsbeschlusses an.

In einer Ehesache kann unter den Voraussetzungen der § 113 Abs. 1 FamFG, § 114 ZPO Verfahrenskostenhilfe einem antragstellenden Beteiligten bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Dabei erstreckt sich die Bewilligung nach § 149 FamFG regelmäßig auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich. Für weitere Folgesachen ergibt sich aus der Bewilligung keine automatische Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe. Dies bedeutet, dass eine weiter gehende Erstreckung der Bewilligung jeweils von der hinreichenden Erfolgsaussicht der Folgesache abhängig ist.

Vorliegend hat das Familiengericht die mit Beschluss vom 1.4.2011 erfolgte Bewilligung und Beiordnung nicht auf weiter gehende ausdrücklich benannte Folgesachen erstreckt. In Erweiterung dieses Beschlusses erfolgte nach dem eindeutigen Wortlaut des verkündeten Beschlusses vom 13.12.2011 eine Erstreckung auf den soeben abgeschlossenen Vergleich ohne ausdrückliche Erwähnung einer Erweiterung auf eine Verfahrensdifferenz- und Terminsgebühr. Ob eine solche Bewilligung und Erstreckung der Beiordnung auf den Scheidungsfolgenvergleich, die der Regelung in § 48 Abs. 3 RVG entspricht, auch eine Erstattung dieser weiter gehenden Gebühren umfasst, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Zu der Frage, welche Gebühren einem Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer Mandatierung für ein gerichtliches Verfahren entstehen können und welche dieser Gebühren er im Rahmen der Kostenfestsetzung geltend machen kann, ist nach der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass in einem Rechtstreit im Rahmen der Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO eine Verfahrens- sowie eine Terminsgebühr regelmäßig nur festgesetzt werden, wenn der betreffende Gegenstand rechtshängig war. Sofern daneben dem Rechtsanwalt gem. Nr. 3101 Nr. 2 RVG-VV auch eine 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr erwachsen kann, soweit in einem Rechtsstreit Verhandlungen vor Gericht zur Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt werden, und eine Terminsgebühr gemäß RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 3104 RVG-VV anfallen kann für die Mitwirkung an auf die Vermeidung des gerichtlichen Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts, ist Vorauss...

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