Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Einwilligung in genetische Abstammungsuntersuchung
Normenkette
BGB § 1598a
Verfahrensgang
AG Kassel (Entscheidung vom 22.09.2016; Aktenzeichen 522 F 2216/16 AB) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kassel vom 22.9.2016 dahingehend abgeändert, dass die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen werden.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.000 Euro.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist der Onkel des Antragsgegners. Der am ...1959 in der Türkei geborene Antragsteller hat die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Er war in erster Ehe verheiratet mit Frau A. Der Antragsteller wurde von seiner ersten Ehefrau am ...1995 geschieden. Die geschiedene Ehefrau ist im Jahr 2015 verstorben.
Der Antragsgegner wurde am ...1984 in der Türkei geboren. Er hat ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Er ist der leibliche Sohn der Eheleute Herrn B1 und Frau B1. Als der Antragsgegner etwa 8 oder 9 Jahre alt war, ergab es sich, dass die Eltern des Antragsgegners mit dem Antragsteller vereinbarten, dass der Antragsgegner als leiblicher Sohn des Antragstellers ausgegeben werden sollte. Sie bewirkten, dass der Antragsgegner im türkischen Geburtenregister bzw. der Geburtsurkunde als Sohn des Antragstellers eingetragen wurde. Aufgrund dessen kam der Antragsgegner im Jahr 1994 im Alter von 1x Jahren nach Deutschland, wo der Antragsteller bereits wohnte. Der Antragsgegner wurde als Sohn des Antragstellers ausgegeben.
Der Antragsteller hat beim Amtsgericht ein Verfahren nach § 1598 a BGB auf Einwilligung des Antragsgegners zur Durchführung einer genetischen Abstammungsuntersuchung und auf Duldung einer Probeentnahme eingeleitet, um die leibliche Abstammung des Antragsgegners von ihm klären zu lassen.
Der Antragsgegner hat dem Antrag widersprochen. Zwischen den Beteiligten sei völlig unstreitig, dass der Antragsteller nicht der leibliche Vater des Antragsgegners sei. Hierfür bedürfe es keiner genetischen Abstammungsuntersuchung, eine derartige Klärung sei nicht erforderlich.
Durch Beschluss vom 22.09.2016 hat das Amtsgericht die Einwilligung des Antragsgegners in eine genetische Untersuchung, durch die seine leibliche Abstammung vom Antragsteller geklärt werden soll, gerichtlich ersetzt. Außerdem hat das Amtsgericht angeordnet, dass der Antragsgegner die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe zu dulden habe. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Antragsteller Vater im Sinne von § 1592 BGB sei. Dieser habe gegen den Antragsgegner einen voraussetzungslosen Anspruch auf eine genetische Untersuchung, durch die die leibliche Abstammung des Antragsgegners vom Antragsteller geklärt werden soll. Zweifel an der durch die Untersuchung zu klärenden Vaterschaft seien für den geltend gemachten Anspruch ebenso wenig erforderlich wie ein besonderes Feststellungsinteresse. Dem Verfahren liege unstreitig eine rechtliche Vaterschaft des Antragstellers bezüglich des Antragsgegners zugrunde. Besondere Voraussetzungen für den Anspruch nach § 1598 a BGB seien nicht vorgesehen.
Gegen den ihm am 24.10.2016 zugestellten erstinstanzlichen Beschluss hat der Antragsgegner am 21.11.2016 Beschwerde eingelegt. Er verweist noch einmal darauf, dass er unstreitig nicht der leibliche Sohn des Antragstellers sei. Unter diesen Umständen sei er nicht verpflichtet, einer genetischen Abstammungsuntersuchung zuzustimmen.
Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er habe einen Anspruch darauf, dass seine fehlende Vaterschaft klargestellt werde. In einem erbrechtlichen Verfahren, welches der Antragsteller in der Türkei führe, verweigere der Antragsgegner jegliche Einlassung. Auch die in der Türkei als Zeugin vernommene leibliche Mutter des Antragsgegners habe sich zur Vaterschaft des Antragstellers nicht klar geäußert. Das Verfahren nach § 1598 a BGB sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil damit eine Berichtigung der Geburtsurkunde des Antragsgegners herbeizuführen sein werde.
Mit Schriftsatz vom 27.01.2017 bringt der Antragsteller ergänzend vor, dass er gemäß § 1592 BGB der Vater des Antragsgegners sei. Durch seine "entsprechenden Angaben in der Türkei" habe er die Vaterschaft anerkannt. Im Übrigen auch deshalb, weil die vorliegende Geburtsurkunde die "Inter-omnes-Wirkung" der Vaterschaftsfeststellung habe. Die Geburtsurkunde habe die gleiche Wirkung wie die der gerichtlichen Feststellung, soweit das zuständige Standesamt die Vaterschaft am Rande der Geburtsurkunde des Kindes vermerke. Der Antragsteller gelte somit mindestens nach außen und im Rechtsverkehr als Vater des Antragsgegners. Nach türkischem Recht gelte der Antragsteller als Vater des Antragsgegners, weil er die Vaterschaft anerkannt habe, indem er an der Eintragung in der Geburtsurkunde mitgewirkt und ih...