Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort. Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 19.01.2005; Aktenzeichen 1200 Js 78.428/03 - 11 Ks) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Pflichtverteidigervergütung des Beschwerdeführers ist nach dem seit dem 01.07.2004 geltenden Recht (RVG) zu berechnen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
Der Beschwerdeführer wurde von dem Angeklagten … am 18.08.2003 beauftragt, für ihn als Wahlverteidiger tätig zu sein. Am 22.10.2003 wurde die Anklage gegen die … und einen Mitangeklagten bei der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Darmstadt erhoben. In der Hauptverhandlung vom 09.09.2004 bestellte der stellvertretende Vorsitzende der Schwurgerichtskammer den Beschwerdeführer zum Pflichtverteidiger, nachdem dieser einen dahin gehenden Antrag gestellt und für den Fall der Bestellung die Niederlegung des Wahlmandats erklärt hatte. Mit Schriftsatz vom 24.09.2004 beantragte der Beschwerdeführer bei dem Landgericht Darmstadt die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), insgesamt in Höhe von 3.429,66 EUR einschließlich Auslagen und Nebenkosten sowie Mehrwertsteuer. Hierauf setzte die Rechtspflegerin des Landgerichts am 29.11.2004 die Vergütung auf der Grundlage des alten Rechts (BRAGO) auf 2.026,52 EUR fest und veranlaßte die Auszahlung dieses Betrages.
Gegen die vorgenommenen Absetzungen legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein. Letztere ist von dem Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer als Einzelrichter durch Beschluß vom 19.01.2005 nach Nichtabhilfe seitens der Rechtspflegerin zurückgewiesen worden.
Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit dem Rechtsmittel der Beschwerde. Das Landgericht hat dieser nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 RVG) und sowohl formgerecht (§ 33 Abs. 7 RVG) als auch innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) erhoben worden. Ebenso ist der – mangels Zulassung des Rechtsmittels durch das Landgericht – erforderliche Beschwerdewert von mehr als 200 EUR erreicht, da eine Absetzung in Höhe von 1.403,14 EUR vorgenommen wurde.
Über das Rechtsmittel hat, obwohl die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde, der Senat in voller Besetzung und nicht durch den Einzelrichter zu entscheiden, da letzterer das Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache dem Senat übertragen hat (§ 4 Abs. 7 Satz 1 und 2 JVEG).
2.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der Beschwerdeführer hat zu Recht die Festsetzung seiner Pflichtverteidigervergütung nach dem RVG beantragt.
Nach der in § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG enthaltenen, mit § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO gleichlautenden allgemeinen Übergangsvorschrift ist die Vergütung nach dem bisherigen Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Eine entsprechende Formulierung – bezogen auf den Stichtag 01.07.2004 – enthält auch die speziell den Anwendungsbereich der BRAGO und des RVG abgrenzende und daher hier einschlägige Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG.
Der Senat hat auf der Grundlage des alten Rechts (§ 134 Abs. 1 BRAGO) die Auffassung vertreten, daß sich die Pflichtverteidigervergütung in den Fällen, in denen der Verteidiger bereits vor der Gesetzesänderung als Wahlverteidiger tätig war und nach dieser Änderung zum Pflichtverteidiger bestellt wurde, nach dem alten Gebührenrecht bestimmt (Senatsbeschlüsse vom 02.10.1990 – 2 Ws 208/90 –, 17.05.1995 – 2 ARs 72/95 –, 09.08.1995 – 2 ARs 123/95 – und 16.08.1995 – 2 Ws 167/95 –). Er hat hierbei maßgeblich auf den Wortlaut des § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO abgestellt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, diese Vorschrift stelle den Fall eines vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilten Wahlmandates und den der Pflichtverteidigerbestellung alternativ nebeneinander, so daß das alte Gebührenrecht anzuwenden sei, wenn auch nur eine dieser beiden Alternativen gegeben sei (vgl. Senatsbeschluß vom 16.08.1995 – 2 Ws 167/95 –).
Zwar ist der – sich von der früheren Übergangsregelung des § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO nicht unterscheidende – Wortlaut der §§ 60 Abs. 1 Satz 1 und 61 Abs. 1 Satz 1 RVG nach wie vor auslegungsbedürftig. Indes ergibt sich nunmehr aus der Begründung des Gesetzentwurfs eindeutig der Wille des Gesetzgebers, die Vergütung des Pflichtverteidigers in Fällen wie dem vorliegenden nach den Regelungen des neuen Rechts, mithin nach dem RVG zu bemessen.
In der auf die Ausführungen zu § 60 RVG verweisenden Begründung des Gesetzentwurfs zu der speziellen Übergangsvorschrift des § 61 RVG (BT-Drucksache 15/1971, S. 203) heißt es unter anderem:
„Die vorg...