Leitsatz (amtlich)
Rügt der Angeklagte, die Verwertung der Zeugenaussage sei unzulässig, weil die Zeugin mit ihm verlobt, aber vor ihrer Aussage über ihr Zeugnisverweigerungsrecht nicht belehrt worden sei, muss er auch diejenigen Tatsachen vortragen, die den Rechtsbegriff des Verlöbnisses ausfüllen.
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 4410 Js 2108/04) |
Gründe
Die Revisionen werden auf Kosten der Angeklagten als unbegründet verworfen, weil die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf das Revisionsvorbringen hin keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Der Erörterung bedarf lediglich die formelle Rüge des Angeklagten A, § 52 StPO sei verletzt.
Der Angeklagte macht geltend, die Kammer habe die Aussage der Zeugin B (auch) zu seinem Nachteil gewertet. Dies verstoße gegen ein Verwertungsverbot, denn die Zeugin hätte, als seine Verlobte, die Aussage verweigert, wenn sie vor ihrer Vernehmung im Hauptverhandlungstermin vom 28.06.2006 über ihr Aussageverweigerungsrecht belehrt worden wäre. Diese Belehrung habe das Gericht rechtswidrig unterlassen.
Die Rüge ist unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen des § 344 II 2 StPO. Nach dieser Vorschrift müssen die den geltend gemachten Mangel enthaltenen Tatsachen so genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht auf Grund dieser Darlegung das Vorhandensein - oder Fehlen - des Verfahrensverstoßes feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (Kuckein, in: KK- StPO, 5. Aufl., § 344 Rn 38 mzRsprN). Vorliegend sind bereits die Tatsachen, welche das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 I Nr. 1 StPO begründen, nicht ausreichend dargetan.
Der Angeklagte A hat insoweit innerhalb der Revisionsbegründungsfrist lediglich vorgetragen:
"Die Zeugin B ist - ausweislich der Urteilsgründe - die Lebensgefährtin des Herrn A. Die Zeugin B und Herr A sind seit dem ... .2006 verlobt. Sie haben im ... 2006, nämlich am ....2006, geheiratet."
Der Satz "Die Zeugin B und Herr A sind seit dem ... 2006 verlobt." bringt nur eine Rechtsansicht des Angeklagten zum Ausdruck (vgl. Rogall, in SK-StPO, § 52 Rn 27). Ob diese Rechtsansicht zutrifft, kann der Senat nur anhand eines schlüssigen Vortrags derjenigen Tatsachen, die den Rechtsbegriff des Verlöbnisses ausfüllen (vgl. allgemein hierzu Kuckein, § 344 Rn 40; Frisch, in: SK-StPO, § 344 Rn 53), beurteilen. An einem solchem mangelt es.
Das Verlöbnis ist ein gegenseitiges und von beiden Seiten ernst gemeintes, aber nur vom gegenseitigen Willen abhängiges und formloses Eheversprechen (oder das ernst gemeine Versprechen der Begründung einer Lebenspartnerschaft, vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 52 Rn 4 mwN). Die Auflösung eines bestehenden Verlöbnisses bedarf ebenfalls keiner Form. Sie kommt sogar dann in Betracht, wenn einer der Beteiligten einseitig den Heiratswillen aufgibt, ohne dass der andere Teil davon Kenntnis hat (BGH, NJW 2003, 2619). Dass ein Verlöbnis besteht, kann das Revisionsgericht daher unter Zugrundelegung lediglich der Revisionsbegründung (vgl. Kuckein, § 344 Rn 39 mRsprN) nur beurteilen, wenn diese die Tatsachen enthält, aus denen sich das Versprechen, die Gegenseitigkeit, die Ernsthaftigkeit und der Umstand ergibt, dass das Verlöbnis zum Zeitpunkt der Vernehmung (noch bzw. schon) besteht. Hierzu enthält die Revisionsbegründung indes keinerlei Angaben.
Solcher Sachvortrag war im vorliegenden Fall im besonderen Maße erforderlich. Die Gründe des angefochtenen Urteils vom 24.7.2006, welche auf Grund der zulässigen Sachrüge vom Revisionsgericht ergänzend heranzuziehen waren, stellen nämlich bezüglich des Angeklagten A fest: "Gegenwärtig lebt er mit seiner Lebenspartnerin, der Zeugin B, zusammen, mit der er auch einen 14 Monate alten Sohn hat. Seine Lebensgefährtin nimmt nach wie vor Elternzeit in Anspruch." Von Heiratsabsichten ist in den Urteilsgründen nicht die Rede.
Daraus folgt, dass die beiden Personen über eine längere Zeit trotz Schwangerschaft und Geburt eines gemeinsamen Kindes nicht geheiratet haben. Warum und unter welchen Umständen sie sich zur Heirat entschlossen haben, auf welche Art und Weise sie sich die Ehe gegenseitig versprochen haben, ob ein solches Versprechen von beiden Partnern uneingeschränkt und dauernd als verbindlich betrachtet worden war und ob es auch zur Zeit der Hauptverhandlung bestand, hätte der Angeklagte daher unter Angabe konkreter Tatsachen vortragen müssen. Die lapidare Mitteilung einer bloßen Rechtsansicht vermag diesen gebotenen Vortrag nicht zu ersetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 2573435 |
NJW 2007, 3014 |
ZAP 2007, 1325 |
NStZ-RR 2007, 241 |