Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenwiderspruch nach erfolglosem Sequestrationsantrag hinsichtlich anderer Verfügungsansprüche
Leitsatz (amtlich)
Die vor Einreichung eines Eilantrages regelmäßig erforderliche Abmahnung ist zwar grundsätzlich entbehrlich, wenn mit dem Eilantrag neben anderen Ansprüchen auch die Sequestration von Verletzungsgegenständen verlangt wird (Bestätigung der Senatsrechtsprechung). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Sequestrationsantrag mangels der dafür erforderlichen Voraussetzungen zurückgewiesen worden ist; in diesem Fall kann sich der Antragsgegner hinsichtlich der anderen Verfügungsansprüche mit Erfolg in einem Kostenwiderspruch auf die fehlende Abmahnung berufen.
Normenkette
ZPO § 93
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.04.2015; Aktenzeichen 2-3 O 175/14) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse der Antragstellerin.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin ohne vorherige Abmahnung eine auf die Unterlassung des Vertriebs markenverletzender Schuhe sowie auf Auskunft über den Vertriebsweg gerichtete Beschlussverfügung vom 14.5.2014 erwirkt; den weiter gestellten Antrag auf Herausgabe von Verletzungsgegenständen zur Verwahrung an den Gerichtsvollzieher hat das LG mit demselben Beschluss zurückgewiesen. Die Kosten des Eilverfahrens hat das LG zu 1/10 der Antragstellerin und zu 9/10 der Antragsgegnerin auferlegt. Die gegen die Zurückweisung des Sequestrationsantrags gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat der Senat mit Beschluss vom 28.5.2014 (6 W 45/15) zurückgewiesen.
Auf den Kostenwiderspruch der Antragsgegnerin hat das LG mit Urteil vom 16.4.2015 die Kostenentscheidung aus der Beschlussverfügung vom 14.5.2014 abgeändert und die Kosten des Eilverfahrens insgesamt der Antragstellerin auferlegt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde.
II. Die gemäß § 99 II ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Wie das LG mit Recht angenommen hat, kann sich die Antragsgegnerin - soweit der Eilantrag in der Sache Erfolg hatte - auf die Ausnahmevorschrift des § 93 ZPO berufen, da die Antragstellerin unter den Voraussetzungen des vorliegenden Falles ohne vorherige Abmahnung keinen Anlass zur Stellung des Eilantrages hatte.
a) Die Abmahnung war zunächst nicht deswegen entbehrlich, weil sie aus der Sicht der Antragstellerin auf Grund des früheren Verhaltens der Antragsgegnerin von vornherein keine Aussicht auf Erfolg versprach. Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, ließ allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin vor mehr als fünf Jahren eine ähnliche Markenverletzung begangen hatte, nicht den Schluss zu, dass es sich bei der Antragsgegnerin um eine hartnäckige Verletzerin handele, die sich von Abmahnungen ohnehin nicht beeindrucken lassen werde.
b) Ebenso wenig lässt sich eine Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden Abmahnobliegenheit im vorliegenden Fall damit rechtfertigen, dass der Eilantrag auch auf den Erlass einer Sequestrationsanordnung gerichtet war.
Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. GRUR 2006, 264; Beschlüsse vom 9.11.2005 - 6 W 138/05 - und vom 8.7.2010 - 6 W 92/10; veröffentlicht bei [...]) die vor Einreichung eines Eilantrages im Kosteninteresse des Antragsgegners in der Regel erforderliche Abmahnung grundsätzlich entbehrlich, wenn neben anderen Ansprüchen mit dem Eilantrag auch ein auf die Sicherung eines Vernichtungsanspruchs gerichteter Sequestrationsantrag (Herausgabe von Verletzungsgegenständen an den Gerichtsvollzieher) gestellt wird; denn eine solche Abmahnung liefe dem Zweck der Sequestrationsanordnung zuwider, da sie dem Antragsgegner Zeit und Gelegenheit gäbe, diejenigen Maßnahmen zur Beiseiteschaffung der Verletzungsgegenstände zu ergreifen, die mit der einstweiligen Verfügung gerade unterbunden werden sollen.
Den genannten Senatsentscheidungen lagen jedoch Sachverhalte zugrunde, in denen die Sequestrationsanordnung erlassen und diese Entscheidung durch den Kostenwiderspruch nach § 93 ZPO - im Rahmen dessen die sachliche Berechtigung der Sequestrationsanordnung nicht mehr überprüft werden kann (vgl. Senat GRUR 2006, 264, [...]Tz. 2) - anerkannt worden war. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; vielmehr ist der Sequestrationsantrag der Antragstellerin in der Sache zurückgewiesen worden. Damit stand der Antragstellerin derjenige Verfügungsanspruch, der nach der Rechtsprechung des Senats die Abmahnung ausnahmsweise insgesamt hätte entbehrlich machen können, gerade nicht zu. Das LG hat der Antragstellerin die auf den Sequestrationsantrag entfallenden Kosten bereits nach § 91 I ZPO auferlegt, so dass insoweit für einen Kostenwiderspruch der Antragsgegnerin ohnehin kein Raum ist. Der Kostenwiderspruch richtet sich vielmehr gegen den Teil der Kostenentscheidung, der die Unterlassungs- und Auskunftsansprüche betrifft.
Nachdem der Senat die Beschwerde gegen die Ve...