Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertbestimmung bei negativem Feststellungsantrag auf Entfallen künftiger Zins- und Tilgungspflichten nach widerrufenem Verbraucherdarlehensvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Bildet einzig die Abwehr fortlaufend wiederkehrender Zahlungspflichten den Streitgegenstand des Verfahrens, ist für die Streitwertfestsetzung der dreieinhalbfache Jahresbetrag der monatlichen Ratenzahlungen anzusetzen, soweit nicht der Gesamtbetrag der verbleibenden Raten der geringere ist.
2. Raum für eine Bemessung des Streitwerts anhand der Summe aller bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen bleibt lediglich in Fällen, in denen der auf das Entfallen künftiger Zins- und Tilgungszahlungen gerichtete negative Feststellungsantrag als Hilfsantrag oder weiterer Hauptantrag verfolgt wird.
Normenkette
BGB §§ 346, 357 Abs. 1 S. 1, § 488 Abs. 1 S. 2; GKG § 45 Abs. 1, § 47 Abs. 1 S. 1, § 48 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 2 S. 1; ZPO § 9 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.02.2018; Aktenzeichen 2-25 O 258/17) |
Tenor
Die Rücknahme der gegen das Urteil des Landgerichts in Frankfurt a.M. vom 19.02.2018 eingelegten Berufung hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.
Die Berufungskläger haben die Kosten der Berufung gemäß § 516 Abs. 3 ZPO als Gesamtschuldner zu tragen.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.249,25 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit ihrer erstinstanzlich auch auf Feststellung eines Restsaldos von nicht mehr als 185.450,88 EUR gerichteten Klage verfolgen die dort unterlegenen Kläger in zweiter Instanz nur noch die Abwehr weiterer Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 237,20 EUR bzw. 607,33 EUR aus zwei im Oktober 2012 bzw. im Juli 2014 abgeschlossenen Darlehensverträgen über 17.000,00 EUR bzw. 200.000,00 EUR nach Widerruf im April 2016.
1. Ihre Berufung haben die Kläger im Nachgang zum Hinweisbeschluss des Senats vom 24.05.2018 (Bl. 135 ff. d.A.) durch am 07.06.2018 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 146 d.A.) zurückgenommen, woraufhin sie gemäß § 516 Abs. 3 ZPO unter entsprechender Kostenfolge ihres Rechtsmittels für verlustig zu erklären waren.
2. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren war gemäß §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 S. 1 und 2 ZPO auf 30.249,25 EUR festzusetzen.
a) Maßgeblich hierbei war, dass sich die Klage mit ihrem negativen Feststellungsantrag ausschließlich gegen die Pflicht zu fortlaufenden vertragsgemäßen Ratenzahlungen wendet und die Beklagte sich anderer als vertragsgemäßer Zahlungsansprüche aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einschließlich der hierfür vereinbarten - auf dem Betrag nach identische monatliche Zahlungen gerichteten - Fälligkeitsabrede nicht berühmt. Dieses Begehren lässt sich mit einer Klage auf Leistung aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB nicht abbilden, stellt somit einen eigenständigen Streitgegenstand dar und ist daher grundsätzlich auch unter Streitwertgesichtspunkten von einer Leistungsklage ebenso zu unterscheiden wie von einer (unzulässigen) Klage auf positive Feststellung der widerrufsbedingten Entstehung eines Rückgewährschuldverhältnisses (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017, XI ZR 586/15, Rn. 16 - hier wie im Folgenden zitiert nach juris).
Bildet einzig die Abwehr fortlaufend wiederkehrender Zahlungspflichten den Streitgegenstand des Verfahrens, ist für die Streitwertfestsetzung gemäß §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 S. 1 ZPO der dreieinhalbfache Jahresbetrag der monatlichen Ratenzahlungen anzusetzen, soweit nicht der Gesamtbetrag der verbleibenden Raten der geringere ist, § 9 S. 2 ZPO . Für das Darlehen über 200.000,00 EUR vom 10./11.07.2014 (Anlage DB 2a, Anlagenband) folgt hieraus bei einer monatlichen Darlehensrate von 433,33 EUR und einer monatlichen Bausparrate von 174,00 EUR ein Betrag von (607,33 EUR × 12 × 3,5 =) 25.507,86 EUR, während hinsichtlich des Darlehens über 17.000,00 EUR vom 26.10.2012 - für das die Parteien eine bereits am 01.11.2019 zu zahlende Schlussrate über 234,59 EUR vereinbart haben, vgl. Anlage DB 2b, Anlagenband - bei Berufungseinlegung am 13.03.2018 einschließlich Schlussrate nur noch 20 Raten offen standen, woraus gemäß §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 S. 2 ZPO ein Streitwert von ([19 × 237,20 EUR =] 4.506,80 EUR + 234,59 EUR =) 4.741,39 EUR resultiert und der Streitwert für das Berufungsverfahren insgesamt somit 30.249,25 EUR beträgt.
b) Der Anwendung von § 9 ZPO steht dabei nicht entgegen, dass sie zu unterbleiben hat, soweit eine Klage einzelne aus einem Stammrecht fließende Leistungen verfolgt (vgl. Zöller-Herget, 32. Aufl. 2018, § 9 Rn. 1). Denn eine auf die Zukunft gerichtete negative Feststellungsklage erfasst zwar auch sämtliche künftigen Einzelleistungen, stellt gerade wegen ihres umfassenden Abwehrinteresses notwendig aber bereits das Stammrecht selbst in Frage und fällt damit auch in den Anwendungsbereich von § 9 ZPO (a.A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.04.2005, 17 W 21...