Leitsatz (amtlich)
Durch die Weigerung der in den Anleihebedingungen genannten Hauptzahlstellen, die ihr tatsächlich angebotenen Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheine entgegenzunehmen, ist die Republik Argentinien in Annahmeverzug geraten.
Normenkette
BGB § 293; ZPO §§ 765, 828
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 82 M 5801/06) |
Gründe
I. Der Gläubiger ist Inhaber von Staatsanleihen der Schuldnerin, die sich in den Anleihebedingungen u.a. der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen (§ 11 Nr. 3) und auf Immunität verzichtet hat (§ 11 Nr. 4).
Da eine Rückzahlung der Anleihe bei Fälligkeit nicht erfolgte, wurde die Republik Argentinien durch Urteil des LG Frankfurt/M. vom 7.9.2004 (Az.: 2/21 O 55/04) verurteilt, drei Geldbeträge (112.995,51 EUR, 10.481,48 EUR und 6.495,96 EUR), jeweils nebst Zinsen Zug um Zug gegen Aushändigung im Einzelnen bezeichneter Inhaberteilschuldverschreibungen und Zinsscheine an den Gläubiger zu zahlen. Der Tenor des landgerichtlichen Urteils wurde hinsichtlich des Betrages von 6.495,96 EUR mit Beschluss vom 19.7.2005 dahingehend berichtigt, dass die Zahlung nur Zug um Zug gegen Herausgabe von vier Zinsscheinen Nr. ... statt vier Zinsscheinen Nr. ... zu erfolgen hatte.
Am 23.5.2005 suchte der Gerichtsvollzieher A im Auftrag des Gläubigers die Geschäftsräume des Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin auf, um die Inhaberschuldverschreibungen anzubieten. Rechtsanwalt A erklärte, dass für den Annahmeverzug nicht die Rechtsanwälte, sondern die jeweiligen Zahlstellen zuständig seien und dass die Forderung nicht bezahlt werden könne. Der Gerichtsvollzieher stellte deshalb den Annahmeverzug der Schuldnerin fest (Bl. 98 f. d.A.).
Auf Antrag des Gläubigers erließ das AG Frankfurt/M. am 22.3.2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem wegen eines Betrages von 160.000 EUR Forderungen der Schuldnerin gegen die Rechtsanwälte E & A GbR gepfändet wurden; die Drittschuldnerin wurde angewiesen, den entsprechenden Betrag zu hinterlegen. Wegen des Inhalts des Pfändungsbeschlusses im Übrigen wird auf Bl. 10 ff. d.A. Bezug genommen. Auf die Erinnerung der Schuldnerin, mit der sie eine Vielzahl von Einwendungen erhob - wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 8.6.2006 verwiesen (Bl. 19 ff. d.A.) -, wurde dieser Beschluss mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung aufgehoben. Zur Begründung stellte das AG darauf ab, dass es am Annahmeverzug fehle. Es hat die Wirksamkeit der Entscheidung aber ausdrücklich vom Eintritt der Rechtskraft abhängig gemacht.
Hiergegen wendet sich der Gläubiger mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er u.a. geltend macht, die Inhaberschuldverschreibungen und die Zinsscheine am 29.6.2006 der in den Anleihebedingungen von der Schuldnerin genannten Hauptzahlstelle, der ..., und am 10.3.2007 der Gesandten als organschaftliche Vertreterin der Schuldnerin, Frau D, angeboten zu haben. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Obergerichtsvollziehers A vom 29.6.2006 (Bl. 352 d.A.) und auf das Protokoll der Gerichtsvollzieherin C vom 10.3.2007 (Bl. 493 ff. d.A.) Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und gem. § 569 Abs. 1 und 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden; sie ist in der Sache auch begründet.
Der Beschluss des AG Frankfurt/M. vom 2.2.2007 war aufzuheben und die Erinnerung der Schuldnerin gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 22.3.2006 zurückzuweisen, da jedenfalls im Beschwerdeverfahren die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen vorliegen.
Für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit der sofortigen Beschwerde ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgebend, wobei auch neues Tatsachenvorbringen zwingend zu berücksichtigen ist (§ 571 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Dies zugrunde legend kann die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mehr auf den fehlenden Annahmeverzug gestützt werden. Das AG ist zwar entsprechend der Auffassung des Senates (u.a. Beschl. v. 12.1.2007 - 26 W 57/06) zu Recht davon ausgegangen, dass das Angebot an den Verfahrensbevollmächtigten nicht ausreichend war, da dessen Vollmacht sich nicht darauf erstreckte, die angebotene Leistung entgegen zu nehmen. Dieser Verstoß gegen § 765 ZPO ist aber geheilt worden, da die Schuldverschreibungen und Zinsscheine der Hauptzahlstelle der Schuldnerin in einer den Annahmeverzug begründenden Art und Weise tatsächlich angeboten wurden. Da ein Verstoß gegen § 765 ZPO nicht zur Nichtigkeit der Vollstreckungsmaßnahme führt, sondern lediglich deren Anfechtbarkeit begründet (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 765 Rz. 6, 756 Rz. 15), kann eine Heilung auch noch im Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahren eintreten. Für die Entscheidung im Rechtsmittelverfahren kommt es auch nicht darauf an, ob die Heilung des Mangels ex tunc oder ex nunc wirkt (vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 7. Aufl., Rz. 1233 m.w.N.).
Ausweislich des vorlegten Schreibens des Obergerichtsvollzieh...