Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsvollstreckung: Anforderungen an die vom Schuldner zu treffenden organisatorischen Vorkehrungen zur Unterbindung von Verstößen durch Mitarbeiter Verfahrensgang
Leitsatz (amtlich)
Der Unterlassungsschuldner ist - unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens - auch gehalten, alles ihm Mögliche und Zumutbare zur Unterbindung von Verstößen durch Mitarbeiter zu unternehmen. Dazu kann es gehören, auf die Mitarbeiter durch schriftliche Belehrungen und Anordnungen einzuwirken. Dabei müssen für den Fall eines Verstoßes Sanktionen angedroht werden. Darüber hinaus ist die Einhaltung der Anweisung zu überwachen; gegebenenfalls sind die angedrohten Sanktionen zu verhängen.
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 23.08.2017; Aktenzeichen 3-8 O 197/12) |
Tenor
1.) Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
2.) Beschwerdewert: 5000,- EUR.
Gründe
I. Das Landgericht Frankfurt hat mit rechtkräftigem Urteil vom 20.02.2013 (Bl. 122) der Antragsgegnerin bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, wie bildlich wiedergegeben, einen Button "Online Buchen" und/oder "Hotelbuchung" bereitzuhalten, der auf die Buchungsmaschine des Drittanbieters X verlinkt ist.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 14.06.2017 ein Ordnungsgeld beantragt und hat insoweit auf die angebliche Zuwiderhandlung vom 23.05.2017 (Anlage 2, Bl. 177 ff.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat gegen die Antragsgegnerin wegen Zuwiderhandlung gegen des Verbot mit Beschluss vom 23.08.2017 (Bl. 202) ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR verhängt. Die neue Werbung tangiere den Kernbereich der Unterlassungsverpflichtung. Auch sei der Verstoß schuldhaft erfolgt, da der Antragsgegnerin ein Organisationsverschulden anzulasten sei. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 08.09.2017 (Bl. 207), der das Landgericht mit Beschluss vom 01.11.2017 (Bl. 224) nicht abgeholfen hat.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht das Verhalten der Antragsgegnerin als vom Kernbereich des Urteils vom 20.02.2013 umfasst angesehen und auch zu Recht ein Verschulden angenommen. Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt.
1) Insbesondere bestehen auch keine Zweifel daran, dass das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerin in den Kernbereich der titulierten Unterlassungsverpflichtung fällt.
Der Verbotsumfang eines gerichtlichen Titels beschränkt sich nicht auf das beschriebene Verbot, sondern erfasst auch unwesentliche Abwandlungen, die den Kern der Verletzungshandlung unberührt lassen. Der bisherige Streitgegenstand darf aber nicht verlassen werden. Nach der sog. Kernbereichslehre fallen unter den Tenor eines Unterlassungstitels nicht nur identische Handlungen, sondern auch solche, die von dem wettbewerbswidrigen Kern der verbotenen Handlung nur geringfügig abweichen, ihr also praktisch gleichwertig sind, weil es sonst mühelos möglich wäre, den Titel zu unterlaufen. Dies gilt auch dann, wenn das Verbot auf eine konkrete Verletzungsform Bezug nimmt (BGH GRUR 2014, 706 [BGH 03.04.2014 - I ZB 42/11], Rnr. 11, Reichweite des Unterlassungsgebots). In diesem Fall haben die neben der in Bezug genommenen konkreten Verletzungshandlung abstrakt formulierten Merkmale die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (vgl. BGH, GRUR 2010, 855 [BGH 19.05.2010 - I ZR 177/07] Rnr. 17 - Folienrollos, mwN).
Diesen Kernbereich hat die vorliegende Verletzungsform nicht verlassen. In der einstweiligen Verfügung wurde der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform untersagt, einen Button "Online Buchen" und/oder "Hotelbuchung" bereitzuhalten, der auf die Buchungsmaschine des Drittanbieters X verlinkt ist. Zwar bestimmen - da der Tenor eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform enthält - die abstrakt formulierten Merkmale den Umfang des Unterlassungsgebotes. Dies führt aber nicht dazu, dass der Kernbereich bereits dadurch verlassen wird, dass nicht auf den Drittanbieter "X", sondern auf den Anbieter "Y" verlinkt worden ist. Das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungsform, das für die Bestimmung des Kerns der verbotenen Handlung maßgeblich ist, ist nämlich nur beschränkt auf das, was bereits Prüfungsgegenstand im Erkenntnisverfahren gewesen ist. Hierfür ist lediglich relevant gewesen, dass die Verlinkung nicht auf das Hotel selbst, sondern auf ein Buchungsportal erfolgt ist; für die rechtliche Prüfung unerheblich war hingegen, welches Buchungsportal dies war.
Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Button nunmehr mit "Zimmer reservieren" bezeichnet ist und nicht mehr mit "Online Buchen" oder "Hotelbuchung...