Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Firma
Leitsatz (amtlich)
Die Firma "Hessen-Naussauische Grundbesitz Aktiengesellschaft" für ein neu gegründetes Privatunternehmen ist wegen fehlender Unterscheidungskraft und Verstoß gegen das Irreführungsverbot unzulässig.
Normenkette
AktG § 4; HGB § 18
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 27.02.2004; Aktenzeichen 12 T 17/03) |
AG Wiesbaden (Aktenzeichen 21 AR 214/03) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Vorinstanzen haben die Eintragung der angemeldeten Aktiengesellschaft in das Handelsregister zutreffend abgelehnt, da die gewählte Firma unzulässig ist.
Seit In-Kraft-Treten des Handelsrechtsreformgesetzes (HRefG) vom 22.6.1998 (BGBl. I, 1474) zum 1.7.1998 ist zur Firma der Aktiengesellschaft in § 4 AktG nur noch vorgeschrieben, dass diese Firma den Rechtsformzusatz Aktiengesellschaft oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten muss. Die früher bestehende Verpflichtung zur Führung einer aus dem Unternehmensgegenstand der Aktiengesellschaft abgeleiteten Sachfirma wurde aufgegeben, um im Rahmen einer allgemeinen Liberalisierung des im europäischen Vergleich zu strengen Firmenrechtes für alle Gesellschaftsformen und Einzelkaufleute einheitlich eine größere Freiheit zur Bildung aussagekräftiger und werbewirksamer Firmen einzuräumen (RegBegr zum HRefG BT-Drucks. 13/8444, 73 f.; Balser/Bokelmann/Ott/Piorreck, Die Aktiengesellschaft, 4. Aufl., Rz. 693).
Nach dem nunmehr einheitlich für alle Einzelkaufleute und sämtliche Handelsgesellschaften geltenden § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma nur noch zur Kennzeichnung des Kaufmanns bzw. der Gesellschaft geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Danach kann die Aktiengesellschaft neben der seit jeher zulässigen Sachfirma jetzt auch eine Personenfirma, eine Fantasiebezeichnung oder eine hieraus gebildete Mischform wählen (Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 4 Rz. 11; Lutter/Welp, ZIP 1999, 1073; BayObLGZ 2000, 83, jeweils m.w.N.).
§ 18 Abs. 2 HGB hält an dem bereits früher geltenden Grundsatz des Irreführungsverbotes fest. Er ist durch das HRefG allerdings in materieller Hinsicht dahin gehend eingeschränkt worden, dass sich die zur Irreführung geeignete Angabe auf ein geschäftliches Verhältnis beziehen muss, welches aus der objektiven Sicht der betroffenen Verkehrskreise wesentlich ist (Begr RegE HRefG BT-Drucks. 340/97, 53; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 18 Rz. 9; Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer, HGB, § 18 Rz. 5; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 4 Rz. 28, jeweils m.w.N.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde der Überprüfungsmaßstab dahin gehend gelockert, dass die Eignung zur Irreführung im registergerichtlichen Verfahren nur zu berücksichtigen ist, wenn sie ersichtlich ist.
Die in § 18 Abs. 1 HGB vorgeschriebene Unterscheidungskraft erfordert, dass die gewählte Bezeichnung abstrakt geeignet ist, die Gesellschaft von anderen Unternehmen zu unterscheiden. Hierdurch wird auch nach dem neuen Firmenrecht grundsätzlich die Verwendung bloßer Gattungs- oder Branchenbezeichnungen bzw. einer allgemeinen Bezeichnung des Geschäftsbereiches ausgeschlossen, zumal die Verwendung derartiger Allgemeinbegriffe ähnliche Firmenbildungen für Unternehmen des gleichen Geschäftszweiges häufig sperren und so dem anzuerkennenden Freihaltebedürfnis entgegenstehen würde (Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 4 Rz. 12; Röhricht/Graf v. Westphalen/Ammon, HGB, 2. Aufl., § 18 Rz. 22; Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer, HGB, § 18 Rz. 18; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 18 Rz. 6; BayObLG v. 1.7.2003 - 3Z BR 122/03, GmbHR 2003, 1003 = BayObLGReport 2003, 363 = NZG 2003, 1029). Diesbezüglich sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass der Firmenbestandteil "Grundbesitz" sich als eine bloße Gattungs- und Branchenbezeichnung darstellt und es ihm deshalb an der originären Unterscheidungskraft fehlt.
Zwar kann diese Unterscheidungskraft durch einen individualisierenden Zusatz erreicht werden. Hierzu ist die Voranstellung der Bezeichnung "Hessen-Nassau" im vorliegenden Einzelfall jedoch nicht geeignet, da deren Verwendung gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 HGB verstößt. Dabei lässt der Senat für den vorliegenden Einzelfall dahinstehen, ob nach der Liberalisierung des Firmenrechts durch die Handelsrechtsreform und die beabsichtigte "Entsteinerung" des Irreführungsverbotes nach § 18 Abs. 2 HGB (Schaefer, DB 1998, 1269 [1272]) in Bezug auf Orts- und Regionalangaben noch an der früher erhobenen Forderung festgehalten werden muss, dass wegen der damit möglicherweise verbundenen "Bedeutungsberühmung" dem betreffenden Unternehmen eine besondere Bedeutung innerhalb des genannten Raumes zukommen muss (Lutter/Welp, ZIP 1999, 1073 [1080]; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 18 Rz. 23; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., §...