Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätze erlaubten Grillens in Wohnungseigentumsanlage
Leitsatz (amtlich)
1. In der näheren Bezeichnung eines Sondereigentums in der Teilungserklärung liegt in der Regel, jedenfalls sofern die Gemeinschaftsordnung für das Sondereigentum keine hiervon abweichende Benutzungsregelungen enthält, eine die Nutzung des Sondereigentums einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gemäß den §§ 5 Abs. 4, 15 Abs. 1, 10 Abs. 2 WEG. Für Gemeinschaftseigentum, das lediglich einem Sondernutzungsrecht unterliegt, kann hinsichtlich der Auswirkung einer Zweckbestimmung nichts anderes gelten als für Sondereigentum. Zur Auslegung im Einzelfall hinsichtlich der Bezeichnung "Abstellplatz für Fahrräder".
2. Die Zweckbestimmung des Sondereigentums als Wohnung durch die Teilungserklärung wird durch die Bezeichnung der einzelnen Räume in dem in Bezug genommenen Aufteilungsplan nicht auf die so umrissene konkrete Nutzungsart beschränkt. Der Wohnungseigentümer ist deshalb berechtigt, im Rahmen der Wohnnutzung die Art der Nutzung der einzelnen Räume zu verändern, so dass auch die Verlegung der Küchennutzung eines Raums in einen anderen Raum grundsätzlich zulässig ist.
3. Es hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab, ob Grillen wegen Verstoßes gegen §§ 13 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG uneingeschränkt zu verbieten, zeitlich und/oder örtlich begrenzt zu erlauben oder ohne Einschränkung zu gestatten ist. Maßgebend für die Entscheidung sind insbesondere Lage und Größe des Gartens bzw. der sonstigen Örtlichkeiten, die Häufigkeit des Grillens und das verwendete Grillgerät. Welche Entscheidung zu treffen ist, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter.
Normenkette
WEG §§ 10, 13-15
Verfahrensgang
LG Gießen (Aktenzeichen 7 T 505/05) |
Gründe
I. Die Beteiligten sind jeweils zur Hälfte Miteigentümer der sich aus dem Rubrum ergebenden Liegenschaft. Die Antragsteller sind Sondereigentümer der Doppelhaushälfte A-Straße ..., die Antragsgegner sind Sondereigentümer der Doppelhaushälfte A-Straße ... a.
Nach der notariellen Teilungserklärung vor dem Notar A vom 23.10.1995 (Bl. 16 ff. d.A.) steht den Beteiligten das Sondereigentum an jeweils einer Doppelhaushälfte sowie das Sondernutzungsrecht an den im Freiflächen- und Ausgleichsplan bezeichneten Frei- bzw. Garagenflächen zu. Im Freiflächen- und Ausgleichsplan sind das Sondereigentum und die zum Sondernutzungsrecht gehörenden Grundstücksteile der Antragsteller mit Nr. 1, die der Antragsgegner mit Nr. 2 bezeichnet. Danach steht den Antragstellern ein Sondernutzungsrecht an der zu ihrer Haushälfte gehörenden Terrasse nebst dem südlich ihrer Haushälfte gelegenen Gartenanteil sowie an einem Teil der im Aufteilungsplan mit Garage bezeichneten Freifläche ("Garage 1") zu. Den Antragsgegnern steht nach der Teilungserklärung das Sondernutzungsrecht an der Terrassen- und Gartenfläche südlich, westlich und nördlich ihrer Doppelhaushälfte zu, ferner an dem wesentlichen Teil der mit Garage bezeichneten Grundstücksfläche ("Garage 2"). Wegen der genauen Einzelheiten wird auf die Fotokopie des Freiflächen- und Ausgleichsplans Blatt 15 d.A. verwiesen, in welchem der dem Sondernutzungsrecht der Antragsteller unterliegende Grundstücksteil dick und eng schraffiert, der dem Sondernutzungsrecht der Antragsgegner unterliegende Grundstücksteil dünn und weit schraffiert dargestellt ist. Der dem Gemeinschaftseigentum ohne Sondernutzungsrecht unterliegende Teil des Grundstücks ist in dem Plan nicht schraffiert. Hierbei handelt es sich insbesondere um den Eingangsbereich zur Doppelhaushälfte der Antragsteller, der gleichzeitig als Garagenzufahrt dient.
Im Aufteilungsplan (Bl. 214 ff. d.A.), auf den die Teilungserklärung "wegen der Aufteilung und Größe der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten" Bezug nimmt, sind die zu dem jeweiligen Sondereigentum und zum Sondernutzungsrecht der Beteiligten gehörenden Gebäudeteile ebenfalls mit Nr. 1 (Antragsteller) und Nr. 2 (Antragsgegner) bezeichnet.
In der Teilungserklärung haben die Beteiligten ihre Rechtsverhältnisse untereinander dergestalt geregelt, dass der jeweilige Eigentümer des Wohnungs- und Teileigentums Nr. 2 des Aufteilungsplans verpflichtet ist, seine Mülltonne nur auf der ihm zur Sondernutzung zugeordneten Fläche, welche seinem Sondereigentum angrenzt, aufzustellen (Ziff. IV. 1.). Ferner haben sich die Eigentümer verpflichtet, "das Gemeinschaftseigentum vor den Garagen nur zu überfahren, nicht aber dort Fahrzeuge abzustellen oder zu parken" (Ziff. IV. 2.).
Anstelle der im Aufteilungsplan vorgesehenen zwei Garagen haben die Beteiligten eine Doppelgarage errichten lassen, wobei sich das Sondernutzungsrecht wie im Aufteilungsplan bestimmt nicht verändern sollte. Auf der an das Sondernutzungsrecht der Antragsgegner angrenzenden Seitenwand der Doppelgarage befindet sich eine Tür, für welche ursprünglich sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegner einen Schlüssel besaßen. Die Antragsgegner haben jedoch das Türschloss ausgetauscht...