Leitsatz (amtlich)

Zur rechtlichen Bewertung der Übertragung des Miteigentumsanteils des Betreuten an dessen Eigentumswohnung, die seinen einzigen Vermögenswert darstellt und von ihm zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an einen der Abkömmlinge gegen Übernahme einer inhaltlich stark beschränkten Pflegeverpflichtung durch den Ergänzungsbetreuer als unzulässige gemischte Schenkung.

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 11.12.2006; Aktenzeichen 7 T 7/06)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen. Beschwerdewert: 32.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Betroffene erlitt im Sommer 2000 eine Gehirnblutung, die zu einer Hirnschädigung mit Sprach- und Gedächtnisstörung führte. Seitdem ist seine Ehefrau, die Beteiligte zu 1), die ihn in dem gemeinsamen Haushalt versorgt, zur Betreuerin für die Aufgabenkreise der Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Postkontrolle und Behördenangelegenheiten bestellt.

Der Betroffene und die Beteiligte zu 1) sind Miteigentümer der von ihnen bewohnten Eigentumswohnung im Erdgeschoss des von ihnen im Jahre 1968 erbauten Wohnhauses auf dem Grundstück Grundbuch von O1, Flur ..., Flurstück ..., Hof- und Gebäudefläche, 904 qm. Eigentümer der im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnung dieses Hauses ist der jüngere der beiden Söhne, welcher dort mit seiner Familie lebt.

Der Miteigentumsanteil an dem Wohnungseigentum stellt das einzige Vermögen des Betroffenen dar, welcher als Einkommen über eine monatliche Altersrente von ca. 1.100 EUR verfügt. Zu UR./2000 wurde vor dem Notar A in O2 ein Übertragungsvertrag zwischen dem Betroffenen, vertreten durch die noch zu bestellende Beteiligte zu 2) als Ergänzungspflegerin, der Beteiligten zu 1) sowie deren beiden Söhnen beurkundet. In diesem Vertrag übertragen der Betroffene und die Beteiligte zu 1) ihre Miteigentumsanteile an dem Wohnungseigentum an den jüngeren Sohn, welcher bereits Eigentümer der Wohnung im Obergeschoss ist. Dieser Sohn verpflichtet sich zu einer Gleichstellungszahlung i.H.v. 17.500 EUR an seinen Bruder, den er im Innenverhältnis von der gesetzlichen Unterhaltspflicht ggü. den Eltern freistellt. Der Betroffene und die Beteiligte zu 1) als Übergeber behalten sich zugleich ein nicht übertragbares Wohnungsrecht in Gestalt einer in das Grundbuch einzutragenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit vor, wonach sie für die betroffene Wohnung die Instandhaltungskosten sowie die verbrauchs-abhängigen Nebenkosten zu tragen haben. Zugleich verpflichtet sich der übertragende Sohn bei Krankheit, Gebrechlichkeit oder Altersschwäche der Eltern zu deren sorgsamer häuslicher Wart und Pflege, soweit dies in angemessener Weise zu Hause erbracht werden kann und einen Zeitaufwand von 1,5 Stunden täglich nicht überschreitet. Wegen der Einzelheiten wird auf die in der Akte befindliche Vertragsurkunde (Bl. 78 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das AG bestellte mit Beschluss vom 24.10.2005 die Beteiligte zu 2) zur Ergänzungsbetreuerin für das vorgenannte Grundstück betreffende Rechtsgeschäfte aus der vorgenannten Urkunde sowie der Urkunde UR./2005 des Notars A in O2 über die Bestellung einer Grundschuld an diesem Grundstück. Die Beteiligte zu 2) beantragte sodann, die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung dieser beiden Verträge.

Nachdem der vom AG bestellte Verfahrenspfleger auf Bedenken im Hinblick auf das Schenkungsverbot des § 1804 BGB hingewiesen hatte, machte der Notar für die Urkundsbeteiligten geltend, angesichts des innerhalb der Familie auf 32.000EUR festgesetzten Wertes des Miteigentumsanteiles des Betroffenen am Wohnungseigentum sei im Hinblick auf das eingeräumte Wohnungsrecht sowie die Pflegeverpflichtung nicht von einer Unentgeltlichkeit auszugehen. Im Übrigen müsse die Übertragung des Wohnungseigentums als Anstandsschenkung betrachtet werden. Der Betroffene und die Beteiligte zu 1) wollten mit der Regelung im Sinne des Familienfriedens eine der Üblichkeit entsprechende Regelung herbeiführen, wobei wesentlicher Grund für die Übertragung auch sei, dass die Eltern die Reparatur- und Erhaltungslasten des Grundbesitzes nicht mehr ausführen bzw. tragen könnten.

Der Rechtspfleger des AG wies den Genehmigungsantrag mit Beschluss vom 21.12.2005 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich nach den Gesamtumständen zumindest um eine nicht genehmigungsfähige gemischte Schenkung.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde wurde unter Vertiefung des bisherigen Vortrages geltend gemacht, bei dem Vertrag handele es sich vorrangig um eine Ausstattung; im Übrigen müssten für die Beurteilung einer Anstandsschenkung auch die ideellen Interessen der Beteiligten am Frieden und Zusammenhalt in der Familie beachtet werden.

Das LG wies die Beschwerde mit Beschluss vom 11.12.2000 zurück und führte zur Begründung aus, nach der Vertragsgestaltung müsse von einer jedenfalls gemischten Schenkung ausgegangen werden, wobei weder die Voraussetzungen einer Ausstattung noch einer genehmigungsfähigen Schenkung nach § 1804...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge