Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensübernahme bei Sitzverlegung
Leitsatz (amtlich)
Das Registergericht des neuen Sitzes kann die Übernahme des Verfahrens nicht deshalb ablehnen, weil es hinsichtlich der Anforderungen an die förmliche Richtigkeit der angemeldeten Sitzverlegung strengere Maßstäbe für geboten erachtet als der Registerrichter des bisherigen Sitzes.
Normenkette
FGG § 5; HGB § 13h
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.01.2008; Aktenzeichen HRB 82826) |
Gründe
I. Am 6.12. meldete der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer bei dem AG Frankfurt/M. die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft sowie die Bestellung eines Prokuristen zur Eintragung in das Handelsregister an. Die Anmeldung, das Protokoll der Gesellschafterversammlung sowie die neue Fassung des Gesellschaftsvertrages mit Notarbescheinigung gem. § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG wurden durch einen Rechtsanwalt als amtlich bestellten Notarvertreter elektronisch in öffentlich beglaubigter Form mit dessen qualifizierter elektronischer Signatur eingereicht. Beigefügt war des Weiteren eine von dem vertretenen Notar beglaubigte Abschrift der Verfügung des Landgerichtspräsidenten über die Bestellung des Notarvertreters.
Der Registerrichter des AG Frankfurt übersandte mit Verfügung vom 10.12.2007 unter Bezugnahme auf die Anmeldung der Sitzverlegung die Registerakten zur Entscheidung über die gestellten Anträge dem AG Gießen. In der Verfügung ist vermerkt, dass die Sitzverlegung ordnungsgemäß beschlossen und formell richtig angemeldet sei. Übermittelt wurden die elektronischen Dokumente sowie die Akten.
Das AG Gießen lehnte mit Beschluss vom 27.12.2007 die Übernahme des Verfahrens ab und führte zur Begründung aus, es sei nicht ersichtlich, dass der funktionell zuständige Richter des AG Frankfurt vor Übersendung der Akten die nach § 13h Abs. 2 HGB erforderliche Prüfung der förmlichen Richtigkeit der Anmeldung entsprechend dem Senatsbeschluss vom 30.4.2002 - 20 W 137/02 - vorgenommen habe. Anderenfalls hätte das abgebende Gericht feststellen müssen, dass sämtliche Urkunden hier nicht ordnungsgemäß vorlägen, da der Notarvertreter die von ihm erstellten Urkunden nicht gemeinsam mit der Bestellungsurkunde jeweils mit qualifizierter Signatur in einer sog. ZIP-Datei, die wiederum als Gesamtdokument selbst zwingend qualifiziert signiert sein müsse, vorgelegt habe.
Der Registerrichter des AG Frankfurt/M. legte die Sache dem Senat mit Verfügung vom 21.1.2008 zur Entscheidung gem. § 5 FGG vor. Zur Begründung ist ausgeführt, die formelle Prüfung der Anmeldung sei vor Abgabe umfassend durchgeführt worden. Die Anmeldung sei formell nicht zu beanstanden, da die für die Sitzverlegung erforderlichen Dokumente in öffentlich beglaubigter Form und mit den jeweils erforderlichen qualifizierten elektronischen Signaturen nach dem Signaturgesetz eingereicht worden seien. Des Weiteren sei auch die Verfügung des Landgerichtspräsidenten über die Bestellung des Notarvertreters eingereicht worden. Entgegen der Auffassung des AG Gießen sei es nicht erforderlich, dieses Schriftstück jeweils mit jeder Einzelurkunde in einer sog. ZIP-Datei zu übersenden, da auch in der vorgelegten Form eine Prüfung der Anmeldung möglich war und ist.
II. Der Senat ist zur Entscheidung über die Vorlage gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG berufen, da zwischen den zu unterschiedlichen Landgerichtsbezirken gehörenden AG Frankfurt/M. und Gießen Streit über die örtliche Zuständigkeit besteht.
Das Verfahren ist vom AG Gießen als Gericht des neuen Sitzes fortzuführen, da der funktionell zuständige Registerrichter des AG Frankfurt/M. als Gericht des bisherigen Sitzes das Verfahren nach Durchführung einer Vorprüfung gem. § 13h Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB dorthin abgegeben hat.
Allerdings hat der Senat mit Beschluss vom 30.4.2002 (FGPrax 2002, 184 = NJW-RR 2002, 1395 = BB 2002, 22, 2209 = Rechtspfleger 2002, 455 = OLGReport Frankfurt 2002, 225) entschieden, dass nach Anmeldung der Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft zum Handelsregister B der hierzu gem. § 17 Nr. 1b RPflG funktionell zuständige Richter vor Übersendung der Akten an das Gericht des neuen Sitzes nach § 13h Abs. 2 HGB zunächst die förmliche Richtigkeit der Anmeldung zu überprüfen hat. Der Hinweis auf diese Senatsentscheidung berechtigt das AG Gießen im vorliegenden Falle jedoch nicht zur Ablehnung der Übernahme des Verfahrens. Denn aus der vorgelegten Akte ist ersichtlich, dass eine Überprüfung der formellen Richtigkeit der Anmeldung vor Übersendung im vorliegenden Falle durch das abgebende Registergericht des bisherigen Sitzes erfolgt ist und zwischen beiden Gerichten Streit darüber besteht, welche Anforderungen an die elektronische Anmeldung im Hinblick auf die Übermittlung durch einen Notarvertreter zu stellen sind. Die formelle Prüfung der Anmeldung durch den Registerrichter des Gerichtes des bisherigen Sitzes ergibt sich zum einen aus dem Inhalt seiner Abgabeverfügung vom 10.12.2007, in welcher ausgeführt wird, dass die Sitzverlegung ordnungsgemäß be...