Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwiderhandlung eines Insolvenzverwalters gegen ein wettbewerbliches Unterlassungsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der spätere Insolvenzverwalter durch ein vollstreckbares Urteil wegen eines Wettbewerbsverstoßes zu einer Unterlassung verurteilt worden und wird nach einer zeitlich späteren Insolvenzeröffnung bei Fortführung des Betriebes durch den Insolvenzverwalter gegen das Unterlassungsgebot zuwider gehandelt, kann gegen den Insolvenzverwalter nur dann ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO festgesetzt werden, wenn der Unterlassungstitel vor der Zuwiderhandlung auf ihn als Rechtsnachfolger gem. § 727 ZPO umgeschrieben worden ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 727, 890

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Aktenzeichen 11 O 4120/05)

 

Gründe

1. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist der X GmbH & Co. KG als Verfügungsbeklagten durch Urteil des LG Kassel vom 23.6.2005 bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, untersagt worden,

1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Preisnachlässen auf einen Ausgangspreis zu werben, der zuvor nicht wenigstens einen Monat lang tatsächlich verlangt worden ist,

2. Waren zu einem Preis zu veräußern, der unter dem für die Ware angegebenen Ausgangspreis liegt, sofern dieser Ausgangspreis nicht tatsächlich mindestens einen Monat zuvor verlangt worden ist.

Zugrunde lagen Wettbewerbsverstöße der Verfügungsbeklagten in deren Einrichtungshaus in O1. Mit Beschluss des AG Paderborn vom 27.6.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verfügungsbeklagten eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt, nachdem er bereits zuvor aufgrund des Beschlusses des AG Paderborn vom 9.5.2005 als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig gewesen war. Das Urteil des LG wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten am 22.7.2005 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 9.9.2005 begehrten die Gläubigerinnen wegen am 27.08. und 30.8.2005 begangener Zuwiderhandlungen gegen das Urteil des LG die Festsetzung eines "empfindlichen Zwangsgeldes" gegen den Beschwerdeführer. Auf den Antrag der Gläubigerinnen vom 19.7.2007 wurde ihnen mit Verfügung der Rechtspflegerin des LG vom 2.8.2007 eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils gegen den Beschwerdeführer wegen offenkundiger Rechtsnachfolge erteilt, die ihm am 3.8.2007 zugestellt wurde. Ein gegen die Klauselumschreibung gerichtetes Erinnerungsverfahren des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

Das LG hat nach Beweisaufnahme mit Beschluss vom 26.11.2008 gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von 2.500 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500 EUR ein Tag Ordnungshaft verhängt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen des § 890 I ZPO seien erfüllt. Der Unterlassungstitel sei den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten zugestellt worden, die im Zustellungszeitpunkt auch den Insolvenzverwalter vertreten hätten. Aufgrund der Beweisaufnahme sei eine am 30.8.2005 begangene Zuwiderhandlung erwiesen.

Gegen diese am 15.12.2008 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 19.12.2008 eingelegte sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters. Er macht geltend, die Verfügungsbeklagte sei zu keinem Zeitpunkt Inhaberin des Einrichtungshauses in O1 gewesen. Der Standort O1 sei vielmehr von der ... X GmbH & Co. KG betrieben worden. Außerdem seien auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 890 ZPO nicht erfüllt.

2. Das nach § 793 ZPO statthafte Rechtsmittel, dem das LG nicht abgeholfen hat, ist zulässig und auch in der Sache begründet.

Ein auf Unterlassung gerichtetes, im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenes Urteil wird in der Weise durchgesetzt, dass gegen den Schuldner unter den Voraussetzungen des § 890 I, II ZPO die dort vorgesehenen Ordnungsmittel verhängt werden, §§ 936, 928 ZPO. Schuldner des Urteils des LG vom 23.6.2005 war aber nicht der Insolvenzverwalter, sondern die dort bezeichnete Verfügungsbeklagte. Daran hat sich nichts durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 27.6.2005 geändert. Vielmehr gab es auch nach diesem Zeitpunkt zunächst lediglich ein gegen die Verfügungsbeklagte, und nicht gegen den Beschwerdeführer vollstreckbares Urteil. Eine Zwangsvollstreckung des Unterlassungsanspruchs gegen den Insolvenzverwalter aus dem Titel gegen die Insolvenzschulderin findet nur dann statt, wenn eine Rechtsnachfolge i.S.d. § 727 ZPO bejaht werden kann und der Titel auf den Insolvenzverwalter umgeschrieben worden ist. Eine solche Rechtsnachfolge kommt zwar nicht bei höchstpersönlichen Ansprüchen in Betracht, die den Schuldner betreffen und die der Insolvenzverwalter schon von ihrer Eigenart her nicht erfüllen kann. Anders verhält es sich aber bei der Verpflichtung des Schuldners zu nicht vertretbaren Handlungen, die die Verwaltung der Masse betreffen und bei denen der Insolvenzverwalter nach §...

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