Leitsatz (amtlich)

Zur Berichtigung verschiedener Kostenpositionen des Netzbetreibers bei der Genehmigung der Strom-Durchleitungstarife.

 

Normenkette

EnWG §§ 75, 78; StromNEV §§ 3, 6-7, 10

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführerin betreibt in O1 und dem Ortsteil ... das Stromverteilungsnetz; die Beschwerdegegnerin ist das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. Am 27.10.2005 beantragte die Beschwerdeführerin Genehmigung ihrer Netzentgelte für das Jahr 2006; der Antrag ging am 14.11.2005 bei der Beschwerdegegnerin ein. Nachdem die Parteien im Rahmen des Verwaltungsverfahrens über verschiedene von der Beschwerdegegnerin angekündigte Kürzungen gestritten hatten, erließ die Beschwerdegegnerin am 1.9.2006 einen Bescheid, in dem sie die von der Beschwerdeführerin beantragten Entgelte unter Kürzungen genehmigte; am 12.9.2006 erließ sie einen Änderungsbescheid. In diesen Bescheiden wurden die für die Bemessung der Entgelte maßgeblichen Netzkosten der Beschwerdeführerin von ihr ggü. dem von der Beschwerdeführerin in Ansatz gebrachten Betrag von 4.313.063,31 EUR um 723.426,01 EUR auf 3.589.637,30 EUR, also um 16,77 %, gekürzt.

Gegen den ihr am 5.9.2006 zugestellten Bescheid vom 1.9.2006 hat die Beschwerdeführerin mit am 5.10.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde erhoben, die sie mit am Montag, den 6.11.2006, bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 1.9.2006, geändert durch den Bescheid vom 12.9.2006, rückwirkend aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, den Antrag der Beschwerdeführerin vom 27.10.2005 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

B. Die Beschwerde ist - vorbehaltlich der Ausführungen unten II 2a - zulässig, insbesondere als Verpflichtungsbeschwerde statthaft (§ 75 EnWG), und zwar auch mit dem gestellten Bescheidungsantrag (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 4.5.2007 - W 605/06 Kart. = ZNER 2007, 182). Sie ist ferner form- und fristgerecht erhoben (§ 78 EnWG).

Sie ist auch teilweise begründet, so dass der angefochtene Bescheid insgesamt keinen Bestand haben kann und die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu bescheiden muss. Im Einzelnen gilt Folgendes:

I. Die Beschwerdeführerin macht zunächst in formaler Hinsicht geltend, die Beschwerdegegnerin habe ihr Vorbringen im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht hineichend berücksichtigt; ihr Vorbringen sei "ohne einen erkennbaren Einfluss auf die Entscheidung geblieben". Diese Rüge, mit der die Beschwerdeführerin der Sache nach einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist unbegründet. Sie lässt schon nicht genau erkennen, in welchen Punkten die Beschwerdegegnerin Vorbringen der Beschwerdeführerin übergangen haben soll, so dass nicht beurteilt werden kann, ob der gerügte Verstoß gegeben ist. Im Übrigen können, da die angefochtene Entscheidung ohnehin aus sachlichen Gründen aufzuheben war, etwaige Verletzungen des rechtlichen Gehörs im Zuge des wieder zu eröffnenden Verwaltungsverfahrens behoben werden.

II. In der Sache wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Festsetzung der kalkulatorischen Abschreibungen durch die Beschwerdegegnerin nach § 6 StromNEV, in mehrfacher Hinsicht gegen die Festsetzung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nach § 7 StromNEV, gegen den bei der Fremdkapitalverzinsung nach § 5 Abs. 2 StromNEV von der Beschwerdegegnerin berücksichtigten Zinssatz, gegen die Festsetzung der kalkulatorischen Steuern nach § 8 StromNEV und gegen die Festsetzung der Aufwendungen für die Beschaffung von Verlustenergie nach § 10 StromNEV.

1. Die Beschwerdegegnerin hat gemäß der Vermutung des § 32 Abs. 3 Satz 3 StromNEV die Nutzungsdauern zugrunde gelegt, die sich aus der Arbeitsanleitung zur Darstellung der Kosten- und Erlösentwicklung in der Stromversorgung in der Fassung vom 19.5.1981 sowie in der Fassung von November 1996 ergeben. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dies bis zum 31.12.1997 korrekt war oder ob gemäß der Vermutung des § 32 Abs. 3 Satz 4 StromNEV die längeren Nutzungsdauern der Anlage 1 zur StromNEV anzusetzen sind. Die Beschwerdeführerin hält die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 Satz 3 StromNEV nicht für gegeben und will die Restwerte darum nach § 32 Abs. 3 Satz 4 StromNEV auf der Grundlage der längeren Nutzungsdauern der Anlage 1 zur StromNEV berechnet wissen.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin ist zutreffend. § 32 Abs. 3 Satz 3 StromNEV ist nicht anzuwenden, da bei der Stromtarifbildung nach der BTO-Elt die Kosten des Elektrizitätsversorgungsnetzes der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt wurden. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob bereits das Merkmal, dass Netzkosten "zu berücksichtigen waren", nicht erfüllt ist, weil es dabei auf die tatsächliche Berücksichtigung ankommt, oder ob es sich dabei um ein ...

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