Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur existenziellen Notlage bei Leistungsverfügung
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 06.11.2020; Aktenzeichen 2-08 O 320/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 06.11.2020 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Landgericht hat auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.
Gründe
I. Der Antragsteller macht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes als versicherte Person bedingungsgemäße Leistungen in Form der Freistellung u. a. von Rechtsanwaltskosten aufgrund einer bei der Antragsgegnerin bestehenden D&O-Versicherung geltend.
Der Antragsteller war seit 2002 erst als Mitglied des Vorstandes der X AG und später als Vorstandsvorsitzender tätig.
Die X AG unterhielt als Versicherungsnehmerin bei der Antragsgegnerin ebenfalls seit 2002 eine D&O-Versicherung für Organmitglieder und leitende Angestellte. Als Versicherungssumme waren pro Versicherungsfall 15 Millionen Euro vereinbart. Der Versicherung lagen die Bedingungen A B (im Weiteren: B) zugrunde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Versicherungsvertrag sowie die Bedingungen Bezug genommen.
Der Antragsteller trat am 19.06.2020 von seiner Position als Vorstandsvorsitzender und Mitglied des Vorstandes zurück.
Am 22.06.2020 veröffentlichte der Vorstand der X AG eine ad-hoc-Mitteilung, nach der die bisher zugunsten des Unternehmens ausgewiesenen Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehen würden.
Am 25.06.2020 stellte die X AG einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Gegen den Antragsteller wird ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Stadt1 (Az. ...) unter anderem wegen des Verdachts der Untreue, Marktmanipulation und Verstößen gegen das WpHG in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der X AG geführt. Der Antragsteller befindet sich aufgrund des Haftbefehls vom 22.06.2020, gegen den er Beschwerde eingelegt hat, in Untersuchungshaft. Der ursprüngliche Haftbefehl war zunächst bis zum 22.07.2020 außer Vollzug gesetzt und später durch einen anderen Haftbefehl ersetzt worden, gegen den der Antragsteller ebenfalls Beschwerde eingelegt hat. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurden gegen den Antragsteller drei Arrest- und Pfändungsbeschlüsse ausgebracht. Der Antragsteller weist alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe als unbegründet zurück.
Eine ursprünglich von der Y AG gegen die X AG vor dem Landgericht Stadt1 erhobene Klage mit Musterverfahrensantrag (Az. ...) wurde auf den Antragsteller erweitert. Der gegnerische Schriftsatz vom 30.06.2020, mit dem die Klageerweiterung erfolgte, wurde dem Antragsteller am 27.08.2020 zugestellt. Die Klägerin begehrt Schadensersatz in Höhe von über einer Million Euro unter anderem wegen angeblicher Veröffentlichung unrichtiger Insiderinformationen und Bilanzbetrugs. Den Angaben des Antragstellers zufolge wurde ihm eine Frist zur Klageerwiderung bis zum 04.02.2021 gesetzt.
Außerdem sind ca. 60 Arrest- und Pfändungsbeschlüsse gegen ihn ausgebracht, von denen er behauptet, sie stünden in Zusammenhang mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen in Bezug auf die X AG; die Antragsgegnerin bestreitet dies mit Nichtwissen.
Der Antragsteller schloss am 07.07.2020 mit seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung, nach der unter anderem für die Abwehr von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen anstelle der gesetzlichen Gebührensätze ein Zeithonorar je nach tätig werdender Person von 500,- bis 150,- Euro vorgesehen war.
Die X AG zeigte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24.06.2020 den Versicherungsfall an und nahm Bezug auf das Ermittlungsverfahren und die Musterfeststellungsklage vor dem Landgericht Stadt1. Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers teilten der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 03.07.2020 den Versicherungsfall unter Hinweis auf das Schreiben der X AG vom 24.06.2020 sowie das gegen den Antragsteller gerichtete Ermittlungsverfahren und die Musterfeststellungsklage mit. Sie baten um Deckungszusage im Umfang des Versicherungsvertrages.
Die Antragsgegnerin bestätigte die Anzeige des Antragstellers mit Schreiben vom 09.07.2020 und bat um die Übersendung zahlreicher Unterlagen und Informationen.
Der Antragsteller kam dem Ersuchen mit Schreiben vom 15.07.2020 und vom 21.08.2020 nach.
Die Antragsgegnerin stellte weitere Nachfragen mit Schreiben vom 03.08.2020 und wies darauf hin, bislang noch keine Aussage zum Versicherungsschutz getätigt zu haben und sich alle Einwände ausdrücklich vorzubehalten.
Der Antragsteller erteilte mit Schreiben vom 02.09.2020 weitere Auskünfte und gab an, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu bestreiten. Unter Hinweis auf die zwischenzeitlich ergangenen Arrestbeschlüsse gegen ihn bat er dringend um vorläufige Deckungszusage.
Mit Email vom 09.09.2020 forderte er di...