Leitsatz (amtlich)
Die weitere Beschwerde gegen einen Sicherungshaftbefehl ist unstatthaft, weil dieser erst nach rechtskräftiger Schuldfeststellung im Rahmen der Strafvollstreckung ergeht.
Verfahrensgang
AG Rüsselsheim (Aktenzeichen 54 Js 35093/97 2 Ds) |
LG Darmstadt (Aktenzeichen 3 Qs 284/01) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unstatthaft auf Kosten des Verurteilten (§ 473 I StPO) verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht Rüsselsheim verurteilte den Beschwerdeführer am 15. 7. 1998 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Nötigung, versuchter Nötigung und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, deren Vollstreckung auf drei Jahre unter Erteilung von Weisungen und Auflagen zur Bewährung ausgesetzt wurde. Unter dem 2. 10. 1999 bildet das Amtsgericht nachträglich unter Auflösung dieser Gesamtstrafe und Einbeziehung von Strafen aus weiteren Verurteilungen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und Monat, deren Vollstreckung erneut für die Dauer von 3 Jahren ab dem 27. 1. 1999 und unter Aufrechterhaltung der erteilten Weisungen und Auflagen zur Bewährung ausgesetzt wurde. Unter Zurlastlegung von Weisungs- und Auflagenverstößen und gestützt auf Flucht- und Wiederholungsgefahr erließ das Amtsgericht am 13. 3. 2001 Sicherungshaftbefehl. Die dagegen gerichtete Beschwerde verwarf das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluß. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.
Die weitere Beschwerde gegen den Sicherungshaftbefehl ist unstatthaft. Nach § 310 I, II StPO unterliegen der weiteren Beschwerde nur solche auf eine Beschwerde hin ergangene Entscheidungen, die eine Verhaftung oder die einstweilige Unterbringung betreffen. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Der Begriff der Verhaftung ist auszulegen (vgl. BGHSt 25, 120) Er beschränkt sich auf den Freiheitsentzug in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren, betrifft also nicht Haftbefehle, die nach rechtskräftiger Schuldfeststellung ergehen. Denn die Möglichkeit der weiteren Beschwerde soll nur dem Schutz des Angeklagten vor der falschen Würdigung schuldrelevanter Umstände in einem lediglich summarischen Verfahren dienen. Der Sicherungshaftbefehl (§ 453 c I StPO) ist dagegen eine der Strafvollstreckung zuzurechnende Maßnahme. Er kann deshalb mit der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Bamberg, NJW 1975, 1526; OLG Düsseldorf, NJW 1977, 968; NStZ 1990, 251; . OLG Karlsruhe, NStZ 1983, 92; OLG Schleswig; SchlHA 1996, 96; OLG Stuttgart, MDR 1975, 951; KG, Beschl. v. 1. . 3. 1999 - 5 Ws 104/99 u. v. 10. 7. 1997 -5 Ws 621/97 -jew. Juris) und Literatur (Kleinknecht/ Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. , § 453c Rdnr. 17, Fischer, in: KK-StPO, 4. Aufl. , § 453 c Rdnr. 10; Paulus, in KMR-StPO, 7. Aufl. § 453 c Rdnr. 7; Müller, in: KMR-StPO, § 453c Rdnr. 14) nicht angefochten werden. Die von der Gegenmeinung (OLG Braunschweig, StV 1993, 596; Wendisch, in Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl. , § 453 c Rdnr. 18 vorgebrachten Einwände verfangen nicht. Daß auch beim Erlaß eines Sicherungshaftbefehls Tatsachen in einem vorläufigen Verfahren zu prüfen sind (Vorliegen dringender Gründe für den Widerruf), ändert nichts daran, daß es um die Sicherung der Vollstreckung einer bereits rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe und nicht um eine summarische Schuldfeststellung geht. Aus dem gleichen Grunde verfängt der Hinweis des OLG Braunschweig (a. a. O. ) auf den hohen Stellenwert des Freiheitsgrundrechts des Verurteilten nicht (vgl. OLG Schleswig a. a. O). Aus der Verweisung in § 453c 112 StPO auf § 119 StPO läßt sich entgegen Wendisch (a. a. O. ) für die hier allein interessierende Frage der erweiterten Beschwerdemöglichkeiten nichts herleiten (vgl. Fischer a. a. O. ).
Fundstellen
Haufe-Index 2573518 |
NStZ-RR 2002, 15 |