Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit eines Zwischenstreits bei Aussageverweigerung eines Zeugen
Leitsatz (amtlich)
Verweigert ein Zeuge die Aussage mit einer Begründung, die nicht von vornherein abwegig erscheint, dürfen ihm Ordnungsmittel gem. § 390 Abs. 1 ZPO nur dann auferlegt werden, wenn die Gründe im Rahmen eines Zwischenstreites gem. § 387 ZPO rechtskräftig für unerheblich erklärt worden sind.
Normenkette
ZPO §§ 387, 390 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.11.2011) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Zeugen Z1 wird der Beschluss der 27. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 17.11.2011 aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Zeugen ist begründet. Der angefochtene Beschluss erlegt dem Zeugen zu Unrecht Ordnungsmittel wegen Aussageverweigerung auf.
Ordnungsmittel wegen Aussageverweigerung dürfen einem Zeugen gem. § 390 Abs. 1 ZPO nur dann auferlegt werden, wenn der Zeuge die Aussage ohne Angabe eines Grundes oder aus einem rechtskräftig für unerheblich erklärten Grund verweigert hat. Der Aussageverweigerung ohne Angabe eines Grundes steht eine von vornherein abwegige Begründung gleich (OLG Köln, Beschl. v. 12.12.2003 - 4 W 9/03, juris; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 390 Rz. 2 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Zeuge hat die Aussage nicht ohne Angabe eines Grundes verweigert, sondern zur Rechtfertigung seines Verhaltens auf ein eigenes Zivilverfahren gegen den Kläger hingewiesen. Diese Begründung erscheint nicht von vornherein abwegig, zumal nahe liegt, dass der Zeuge, sofern er die Beweisfrage verneint, dem Kläger die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gegen ihn erleichtert. Danach kommt in Betracht, dass der Zeuge durch den Hinweis auf den zwischen ihm und dem Kläger geführten Rechtsstreit der Sache nach ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 1 ZPO geltend gemacht hat.
Bei dieser Sachlage hätte das LG vor der Entscheidung über Ordnungsmittel nach § 390 Abs. 1 ZPO im Rahmen eines Zwischenstreites gem. § 387 ZPO über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung entscheiden müssen.
Ob ein Zwischenstreit über die Berechtigung zur Aussageverweigerung noch durchgeführt werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Diese Frage dürfte jedoch deshalb zu verneinen sein, weil die Parteien nach der Zeugnisverweigerung streitig und durch Wiederholung ihrer Sachanträge rügelos zur Hauptsache verhandelt haben (BGH, Urt. v. 18.11.1986, IVa ZR 99/85, Rz. 12; OLG Frankfurt, Urt. v. 12.7.1995 - 11 U 12/94, Rz. 22; jeweils juris).
Da die sofortige Beschwerde des Zeugen Erfolg hat, ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 380 Rz. 10 a.E. m.w.N.). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 2899915 |
NJW-RR 2012, 832 |
ZfS 2012, 511 |