Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Vorrang des Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ZPO gegenüber Herausgabeklagen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ZPO ist gegenüber Herausgabeklagen gemäß § 5 Abs. 3 hessisches Hinterlegungsgesetz vorrangig, soweit es sich nicht um eine Hinterlegung gemäß § 372 BGB handelt.
2. Der Gläubiger ist zur Durchsetzung seiner Rechte auf die in einem Verteilungsverfahren statthaften Rechtsbehelfe beschränkt.
Normenkette
hessisches HinterlegungsG § 5; StPO §§ 111g, 111i; ZPO § 872
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 17.07.2018; Aktenzeichen O 84/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 17.7.2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils und dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte A vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 92.457,16 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von dem beklagten A die Herausgabe eines Betrags in Höhe von 92.457,16 EUR.
Gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit am 17.7.2018 verkündetem Urteil (Bl. 87 ff. d.A.), dem Kläger zugestellt am 25.7.2018, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Die Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Stadt1 habe den Antrag des Klägers auf Herausgabe des hinterlegten Geldbetrags zu Recht abgewiesen, da es an einem ordnungsgemäßen Nachweis der Empfangsberechtigung gefehlt habe. Dieser Nachweis habe nicht mit dem Zulassungsbeschluss des Landgerichts Darmstadt vom 25.5.2016 geführt werden können, da zu diesem Zeitpunkt der Arrest an dem hinterlegten Geldbetrag nicht mehr bestanden habe. Die verlängerte 3-Jahres-Frist sei abgelaufen gewesen. Dieser Umstand sei von der Hinterlegungsstelle zu berücksichtigen gewesen.
Wegen der Urteilsbegründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8.8.2018 (Bl. 104 f. d.A.), bei Gericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 25.9.2018 (Bl. 124 ff. d.A.), bei Gericht eingegangen am selben Tag, begründet hat.
Er trägt vor:
Das Landgericht habe das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Es sei unzutreffend, dass das Landgericht den Fristablauf des § 111i Abs. 3 StPO nicht habe beachten müssen. Ein Gericht müsse dafür sorgen, dass die Ansprüche des Rechtsuchenden nicht vereitelt werden. Es verstoße gegen das Willkürverbot, wenn ein und derselbe Richter des Landgerichts Darmstadt in zwei gleichgelagerten Fällen den Beschluss in einem Fall vor Fristablauf und - damit rechtzeitig - verfügt habe und in dem streitgegenständlichen Fall nach Fristablauf. Hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen. Das Landgericht verkenne, dass die Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Stadt1 durch den Zulassungsbeschluss vom 25.5.2016 bei seiner Entscheidung gebunden gewesen sei. Die Hinterlegungsstelle hätte die Rechtskraft des Beschlusses vom 25.5.2016 respektieren und diesem als Nachweis der Auszahlungsberechtigung Folge leisten müssen. Hätte die Hinterlegungsstelle nicht gegen in Art. 20 Abs. 3, 92, 97 Abs. 1 und 101 Abs. 1 S. 1 und 2 GG verfassungsmäßig verankerte Grundsätze verstoßen, hätte der Kläger mit seiner Klage obsiegen müssen.
Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 25.9.2018 (Bl. 124 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils, das beklagte A zu verurteilen, den beim Amtsgericht Stadt1 unter dem Aktenzeichen ... hinterlegten Geldbetrag von 92.457,16 EUR an den Kläger herauszugeben sowie 783,62 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten an den Kläger zu zahlen.
Das beklagte A beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte A verteidigt das angefochtene Urteil. Auf den Schriftsatz vom 25.10.2018 (Bl. 145 ff. d.A.) wird verwiesen.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist auch unter Berücksichtigung von Bedeutung, Umfang und Schwierigkeitsgrad der Sache nicht geboten.
Die Berufung hat - wie es in § 522 Abs. 2 ...