Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutzwirkung von § 14 Abs. 1 BGB-InfoV trotz geringer Abweichung von Musterwiderrufsbelehrung
Normenkette
BGB-InfoV § 14; BGB § 355
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.11.2014; Aktenzeichen 2-10 O 165/14) |
Tenor
Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 13.11.2014 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.
Gründe
I. Die Kläger begehren die Rückabwicklung eines im Jahre 2007 abgeschlossenen Darlehensvertrages mit der Beklagten und stützen sich insoweit auf einen mit Anwaltsschriftsatz vom 25.02.2014 erklärten verbraucherkreditrechtlichen Widerruf. Sie haben zuletzt die Rückabtretung einer Grundschuld Zug-um-Zug gegen Zahlung der restlichen Darlehensvaluta verlangt. Die Beklagte hält den Widerruf für verfristet, jedenfalls aber für verwirkt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Verfahrens in erster Instanz wird ergänzend auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Fortbestand des Darlehensvertrages werde durch den Widerruf nicht berührt, da zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung das Widerrufsrecht der Kläger aus §§ 495, 355 BGB a.F. schon verfristet gewesen sei. Denn die in 2007 erteilte Widerrufsbelehrung habe inhaltlich dem Muster nach Anlage 2 zu § 14 BGB Info-Verordnung entsprochen und daher die zweiwöchige Widerrufsfrist in Gang gesetzt. Die Formulierung der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung stimme wörtlich mit dem empfohlenen Muster überein; der Umstand, dass in dem Muster der zu Belehrende abweichend mit "Sie" angesprochen werde, stelle lediglich eine geringfügige grammatikalische Veränderung und keine inhaltliche Abweichung der Belehrung von der Musterbelehrung dar. Die Widerrufsbelehrung sei auch nicht etwa deshalb fehlerhaft, weil ein besonderer Hinweis auf eine Widerrufsmöglichkeit nach § 312d Abs. 1 BGB a.F. gefehlt hätte; denn nach § 312d Abs. 5 S. 1 BGB a.F. habe ein gesondertes Widerrufsrecht für Fernabsatzfälle nicht bestanden.
Gegen das Urteil wenden sich die Kläger, die ihre zuletzt gestellten Anträge in der Berufungsinstanz weiterverfolgen. Zur Begründung der Berufung wird ausgeführt, die Beklagte sei in ihrer Widerrufsbelehrung an diversen Stellen von dem seinerzeit gültigen Muster der BGB Info-V abgewichen. Nur bei unveränderter Übernahme der Musterbelehrung könne sich der Unternehmer aber auf deren Schutzwirkung berufen. Auch der BGH gehe bei einer Änderung der Personenbezeichnung von einer inhaltlichen Änderung/Bearbeitung der Musterbelehrung aus und differenziere nicht zwischen einer inhaltlich relevanten und einer sonstigen Änderung am Muster. Deswegen müsse jegliche redaktionelle Überarbeitung des Musters zum Verlust des Musterschutzes führen. Bei der vorliegenden Belehrung stelle sich auch die Frage, ob der Verbraucher bei der Anrede "ich" auf die Idee kommen könne, dass der Unternehmer das Widerrufsrecht habe. Die grammatikalische Abweichung sei auch keine Marginalie. Zudem könne eine Belehrung als zielgerichtete Informationsweitergabe nie in der grammatikalisch 1. Person formuliert sein. Sämtliche in der Deutschen Rechtsordnung vorgesehenen Belehrungen würden in der 2. Person verfasst. Indem die "Widerrufsbelehrung" - wie die umstehenden Vertragserklärungen - die 1. Person verwende, füge sie sich in die Form dieser eigenständigen Vertragserklärungen ein. Es entstehe der Eindruck, dass die Beklagte die grammatikalische Änderung bewusst vorgenommen habe, um neben den weiteren dem Verbraucher vorgegebenen Erklärungen nicht aufzufallen und dem Verbraucher zu suggerieren, er gebe eine eigene Vertragserklärung ab. Die Ansicht des LG führe am Ende dazu, dass eine Belehrung, die den Fristbeginn mit der unzutreffenden Formulierung "die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beschreibe, im Ergebnis doch immer genügend sei, unabhängig davon, wieviel an der übrigen Widerrufsbelehrung geändert worden sei; dies widerspreche aber genau der Forderung des BGH nach einer engen Anlehnung und Auslegung des Musters.
Auch der Gestaltungshinweis habe nicht weggelassen werden dürfen. Das LG habe die Regeln des Fernabsatzes falsch interpretiert. Das Augenmerk des Gerichts sei nur auf § 312b Abs. 5 S. 1 BGB a.F. gerichtet gewesen; wie mit dem weiteren S. 2, der auf den abweichenden Fristbeginn des 312b Abs. 2 BGB a.F. hingewiesen habe, umzugehen sei, sei nicht weiter ausgeführt worden. Bei entsprechender Anwendung habe daher die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. nicht vor Erfüllung der Informationspflichten und nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses begonnen.
Das amtliche Muster gemäß Anlage 2 der BGB-InfoV habe im unmittelbaren räumlichen Kontext eine Unterschrif...