Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrpersonalgesetz. Lenkzeiten. Ruhezeiten. Doppelwochenverstoß. Lenkzeitverstoß. Konkurrenzen bei Lenk- und Ruhezeitverstößen von Fahrer und Unternehmer. System der Lenk- und Ruhezeiten nach der Verordnung Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates

 

Leitsatz (redaktionell)

1. a) § 8a Abs. 2 Nr. 1 FPersG regelt i.V.m. Art 6 - 8 VO EG 561/2006 konkret die Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten von Fahrern im nationalen und grenzüberschreitenden Straßenverkehr innerhalb der Gemeinschaft in allen Mitgliedsstaaten. Ziel der Verordnung ist die Harmonisierung der Bedingungen des Wettbewerbs, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr.

b) Zur Erreichung dieser Ziele hat die Verordnung die zulässigen Lenkzeiten nach Tagen (Art. 6 Abs. 1 VO EG 561/2006), Wochen (Art. 6 Abs. 2 VO EG 561/2006) und Doppelwochen (Art. 6 Abs. 3 VO EG 561/2006) gestaffelt, mit jeweiligen Höchstgrenzen versehen und mit der Verpflichtung an die Fahrer verknüpft, regelmäßige Ruhezeiten einzuhalten.

2. a) Bei der Betrachtung der geprüften Tage sind zunächst unter Beachtung des Verbots der Doppelbestrafung alle Doppelwochenverstöße zu ermitteln, wobei bei dem genannten Tatzeitraum maximal zwei Doppelwochenverstöße denkbar sind, die zueinander in Tatmehrheit stehen. Ist es innerhalb der Doppelwochenverstöße zusätzlich zu Wochenverstößen und/oder Tagesverstößen gekommen, stehen diese mit dem jeweiligen Doppelwochenverstoß in Tateinheit.

b) Kommt es zu keinen Doppelwochenverstößen, sind Verstöße der Wochengrenze zu prüfen. Dabei stehen selbständige Wochenverstöße untereinander in Tatmehrheit. Innerhalb der Wochenverstöße stehen eventuelle Tagesverstöße zum Wochenverstoß in Tateinheit. Entsprechend gilt, wenn kein Wochenverstoß gegeben ist, Tatmehrheit für selbständige Tagesverstöße untereinander.

c) Kommt es nur zu einem Doppelwochenverstoß, stehen einzelne Wochenverstöße, die nicht von dieser Doppelwoche (mit)erfasst werden, in Tatmehrheit. Entsprechendes gilt für Tagesverstöße, die nicht von Doppelwochen und Wochenverstößen (mit)erfasst sind.

 

Normenkette

FahrpersStG § 8a; EGV 561/2006 Art. 6-8

 

Verfahrensgang

AG Limburg a.d. Lahn (Entscheidung vom 22.10.2009; Aktenzeichen 1 OWi - 2 Js 55506/09)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Betroffene wird wegen zweier vorsätzlicher Verstöße gegen die Doppelwochenlenkzeit, davon in einem Fall tateinheitlich mit jeweils einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Tageslenkzeit und zwei Verstößen gegen die Ruhezeiten gem. § 8a Abs. 2 Nr. 1 Fahrpersonalgesetz i.V.m. Art 6 Abs. 1, Abs. 3, Art. 7, Art 8 Abs. 2 VO EG 561/2006 zu Einzelgeldbußen in Höhe von 120,-- € und 200,-- € verurteilt.

Die Rechtsbeschwerde wird im Übrigen verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Regierungspräsidium in O1 hat mit Bußgeldbescheid vom 27. Mai 2009 wegen 3 vorsätzlicher Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten gem. § 8a Abs. 2 Nr. 1 Fahrpersonalgesetz i.V.m. Art 6 Abs. 1 VO EG 561/2006 gegen den Betroffenen als Führer eines LkWs Bußgelder i.H.v. 300 €, 90 € und 90 € verhängt.

Auf den Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Limburg Zwst. Hadamar den Betroffenen wegen 4 vorsätzlicher Verstöße gegen die Lenkzeiten sowie wegen 2 vorsätzlicher Verstöße gegen die Ruhezeiten gem. § 8a Abs. 2 Nr. 1 Fahrpersonalgesetz i.V.m. Art 6 Abs. 1, Abs. 3, Art. 7, Art 8 Abs. 2 VO EG 561/2006 zu Einzelgeldbußen in Höhe von 80 €, 40 €, 80 €, 20 €, 40 € und 60 € verurteilt.

Hiergegen wendet sich der Betroffene, indem er über die Annahme von Vorsatz hinaus im Wesentlichen Verstöße gegen das Verbot der Doppelverwertung und die angenommen Konkurrenzen rügt.

I.

Nach den Feststellungen steuerte der Betroffene als Berufskraftfahrer in der Zeit vom 4. August 2008 bis 31. August 2008 im gewerblichen Güterverkehr einen Lastkraftwagen mit Anhänger mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 t. Die Vorschriften über die Lenk- und Ruhezeiten sind dem Betroffenen bekannt.

Dabei kam es nach den Feststellungen zu folgenden Verstößen:

1. (sog. Doppelwochenverstoß)

Im Zeitraum vom 4. August bis 17. August 2008 überschritt der Betroffene innerhalb von zwei aufeinander folgenden Wochen vorsätzlich die zulässige Gesamtlenkzeit von 90 Stunden um 4 Stunden und 44 Minuten.

2. (sog. Doppelwochenverstoß)

Im Zeitraum vom 11. August bis 24. August 2008 überschritt der Betroffene innerhalb von zwei aufeinander folgenden Wochen vorsätzlich die zulässige Gesamtlenkzeit von 90 Stunden um 2 Stunden und 48 Minuten.

3. (sog. Doppelwochenverstoß)

Im Zeitraum vom 18. August bis 31. August 2008 überschritt der Betroffene innerhalb von zwei aufeinander folgenden Wochen vorsätzlich die zulässige Gesamtlenkzeit von 90 Stunden um 4 Stunden und 8 Minuten.

4. (sog. Ruhezeitverstoß)

Am 21. August 2008 unterließ er es vorsätzlich, in der Zeit von 8:08 Uhr bis 15:28 Uhr nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden die vorgeschriebene Unterbrechung v...

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