Leitsatz (amtlich)

Der nicht sorgeberechtigte nichteheliche Vater ist im Verfahren nach § 1666 BGB Beteiligter und hat beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Anspruch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

 

Normenkette

BGB § 1666; FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, §§ 76, § 76 ff.

 

Verfahrensgang

AG Friedberg (Hessen) (Beschluss vom 27.09.2011; Aktenzeichen 730 F 660/11)

 

Tenor

Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird dem Antragsteller und Kindesvater ab Antragstellung für das Verfahren im ersten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe bewilligt und zur Wahrnehmung seiner Rechte in diesem Rechtszug Rechtsanwältin ..., beigeordnet. Raten sind nicht zu entrichten.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den nichtsorgeberechtigten nichtehelichen Kindesvater in einem von ihm veranlassten einstweiligen Anordnungsverfahren über den Teilentzug der elterlichen Sorge der Kindesmutter (hinsichtlich der Gesundheitsfürsorge) für die 8 und knapp 7 Jahre alten gemeinsamen Kinder I und R.

Die Beteiligten zu 3 und 4 sind die nichtehelichen Eltern von I und R, wobei die Vaterschaft zu R nicht zweifelsfrei feststeht. Eine Sorgeerklärung wurde offenbar nicht abgegeben; alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist offenbar die Kindesmutter. Ein Hauptsacheverfahren über die Änderung der elterlichen Sorge ist anhängig (... AG Friedberg). Die Kinder leben im Haushalt der Großeltern väterlicherseits.

Die Kindesmutter befand sich in Haft und wurde am ... 2011 entlassen. Sie hatte anscheinend dem Kindesvater eine Vollmacht, bezogen auf Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge, erteilt, die bis zu einem voraussichtlichen Entlassungstermin Ende Juni 2011 befristet war.

Mit Antragsschrift vom 19.7.2011 begehrte der Antragsteller, der arbeitslos ist und Leistungen nach SGB II bezieht, im Wege der einstweiligen Anordnung die Übertragung der Gesundheitsfürsorge für beide Kinder auf ihn und beantragte für dieses Verfahren die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Zur Begründung trug er vor, dass er nach Ablauf der befristeten Vollmacht nicht mehr in der Lage sei, Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge für die Kinder einzuleiten, dass aber bei beiden Kindern eine Reihe solcher Maßnahmen, die die Kindesmutter in der Vergangenheit verschleppt bzw. unterlassen habe, anstünden, so insbesondere die operative Beseitigung eines Hodenhochstandes bei I, und dass die Kindesmutter die Erteilung einer neuen Vollmacht hierfür verweigere. Mit Schriftsatz vom 27.7.2011 erweiterte er seinen Antrag auf die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn. Die Antragsgegnerin widersprach der Behauptung, dass sie gesundheitliche Fürsorgemaßnahmen vernachlässigt habe und trug vor, dass sie darüber hinaus der Mutter des Antragstellers eine weitere Vollmacht erteilt habe. Das AG bestellte eine Verfahrensbeiständin, stellte beide Antragsschriften dem Jugendamt, der Kindesmutter sowie deren Verfahrensbevollmächtigten und der Verfahrensbeiständin zu und führte am 27.9.2011 einen Erörterungstermin durch, zu dem die Kindeseltern, deren Verfahrensbevollmächtigte, das Jugendamt und die Verfahrensbeiständin geladen waren und erschienen. Mit Beschluss vom 27.9.2011 entschied das AG, davon abzusehen, in das Sorgerecht der Kindesmutter einzugreifen und wies zugleich den Verfahrenskostenhilfeantrag des Kindesvaters zurück mit der Begründung, es habe die "Anregung" des Kindesvaters vom 19.7.2011 zum Anlass der Einleitung eines einstweiligen Anordnungsverfahrens genommen, wobei es sich um ein Amtsverfahren handele, das die materielle Rechtsposition des Kindesvaters nicht tangiere. Insofern sei der Kindesvater vom Verfahren nicht unmittelbar betroffen. In sein Sorgerecht könne durch dieses Verfahren nicht eingegriffen werden. Für die Einleitung eines Verfahrens gem. § 1680 Abs. 3 BGB - ebenfalls ein Amtsverfahren - sei kein Anlass erkennbar.

Mit seiner gegen den Beschluss vom 27.9.2011 gerichteten Beschwerde macht der Kindesvater geltend, der Standpunkt des AG verstoße gegen sein Elternrecht, da er unstreitig der leibliche Vater zumindest des Kindes I sei und für beide Kinder eine Gefährdungslage bestanden habe, die sein Einschreiten gebot.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Auf Antrag ist am Verfahren beteiligten Personen - beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - auch in Amtsverfahren Verfahrenskostenhilfe gem. §§ 76 ff. FamFG zu bewilligen. Die Vorschrift des § 76 FamFG erfasst den Antragsteller, den Antragsgegner und die vom Gericht hinzugezogenen weiteren Beteiligten, die sich im Verfahren äußern unabhängig davon, ob sie einen eigenen Antrag stellen (amtliche Begründung zu § 76 FamFG, BT-Drucks. 16/6308, Seite 212). Insofern macht es keinen Unterschied, ob man als Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge entsprechend § 1672 Abs. 1 BGB gemäß dem Beschluss des BVerfG vom...

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