Leitsatz (amtlich)

Der vom Bundesgerichtshof zum Elternunterhalt aufgestellte Grundsatz, neben den Zinsen auch die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen, ohne dass dies seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert (BGH FamRZ 2017, 519, bestätigt in einem obiter dictum auch im Rahmen eines Verfahrens zum nachehelichen Unterhalt: BGH FamRZ 2018, 1506, Rn. 31), gilt auch beim Kindesunterhalt, solange und soweit der Mindestkindesunterhalt gedeckt ist.

Da auch eine Krankenversorgung zum "Regelunterhalt" für ein privat versichertes Kind gehört, haftet der Barunterhaltspflichtige nicht wie bei Mehrbedarf gemeinsam mit dem betreuenden Elternteil, sondern allein (vgl. BGH Beschluss vom 7. Februar 2018 - XII ZB 338/17, NJW-RR 2018, 579, Rn. 28).

Die Kosten für eine Nachmittagsbetreuung, für die es an substantiiertem Vortrag für ein besonders ausgerichtetes pädagogisches Konzept fehlt, stellen keinen Mehrbedarf des Kindes dar (in Abgrenzung von üblicher pädagogisch veranlasster Betreuung in staatlichen Einrichtungen wie etwa Kindergärten, Schulen und Horten; vgl. BGH FamRZ 2018, 23).

Zur Abzugsfähigkeit des Aufwandes für betriebliche Darlehen vom unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603, 1606 Abs. 3 S. 3, §§ 1609, 1610 Abs. 1, §§ 1612, 1612a, 1613, 1615l; FamFG § 239; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

AG Hanau (Aktenzeichen 63 F 1402/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerden beider Beteiligter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau vom 07.12.2017 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel und unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abänderung der Jugendamtsurkunde des ... kreises zu Urkunden-Nr. 0277/16 vom 20.04.2016 wird die Antragsgegnerin verpflichtet, an den Antragsteller zu Händen des Kindesvaters ab Juli 2019 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 144% des jeweiligen gesetzlichen Mindestunterhalts der 3. Altersstufe abzüglich des jeweiligen hälftigen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen, derzeit ein Zahlbetrag von monatlich 584,- Euro.

Weiter wird die Antragsgegnerin verpflichtet, an den Antragsteller zu Händen des Kindesvaters ab Juli 2019 einen monatlichen Krankenvorsorgeunterhalt von insgesamt 75,24 Euro zu zahlen, wobei ein Betrag in Höhe von 73,96 Euro auf einem Teilanerkenntnis beruht.

Die Antragsgegnerin wird weiter verpflichtet, an den Antragsteller zu Händen des Kindesvaters einen rückständigen Regelunterhalt für die Zeit von September 2015 bis einschließlich Juni 2019, einen rückständigen Krankenvorsorgeunterhalt von Oktober 2015 bis einschließlich Juni 2019 sowie einen rückständigen Mehrbedarf von Januar 2016 bis einschließlich März 2017 in Höhe eines Gesamtbetrags von insgesamt 8.497,88 Euro zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz werden jeweils gegeneinander aufgehoben.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Regelunterhaltsverpflichtung und des Krankenvorsorgeunterhalts ab Juli 2019 sofort wirksam.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.057,08 Euro festgesetzt.

Der Verfahrenswert für das Verfahren der ersten Instanz wird abgeändert auf 10.234,08 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um den Regelkindesunterhalt sowie um Mehrbedarf für den im Haushalt des Vaters lebenden Antragsteller. Parallel streiten der Vater und die Antragsgegnerin seit Jahren um das Sorgerecht für den Antragsteller. Diesbezüglich ist ebenfalls ein Beschwerdeverfahren beim Senat anhängig zu Az. 8 UF 193/18.

Die Antragsgegnerin ist als selbständige Fachärztin ... tätig. Die Antragsgegnerin hatte im Jahr 2013 einen Gewinn vor Steuern von 105.904,58 Euro, im Jahr 2014 von 88.102,84 Euro, im Jahr 2015 von 92.488,- Euro, im Jahr 2016 von 86.081,79 Euro und im Jahr 2017 von 84.526,44 Euro. Im Jahr 2018 hat sie nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung ein vorläufiges wirtschaftliches Ergebnis (Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben) von 81.133,85 Euro. An Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag trug sie 27.477,36 Euro im Jahr 2013, 22.973,56 Euro im Jahr 2014, 22.255,63 Euro im Jahr 2015, 19.202,20 Euro im Jahr 2016 und 18.242,94 Euro im Jahr 2017. Die Antragsgegnerin trägt weiter jährliche Krankenversicherungskosten von 8.557,84 Euro (auch für die Tochter ..., wobei sie die einzelnen Beträge bis 2017 nicht aufschlüsselt), jedenfalls ab 2018 für sich Krankenversicherungskosten von 7.460,04 Euro jährlich und einen jährlichen Beitrag für das ärztliche Versorgungswerk von 6.747,36 Euro. Desweiteren trägt die Antragsgegnerin für zusätzliche private Altersvorsorge jährlich bei der A-Versicherung 2.711,28 Euro und bei der A jährlich 1.296,- Euro.

Für das von ihr mit ihrer volljährigen Tochter ... bewohnte, in ihrem Alleineigentum stehende Haus in ... mit einer Wohnfläche von 234 qm trug die Antragsgegnerin eine monatliche Kreditbelastung von 1.943,33 Euro. Mit der März-Rate im Jahr 2018 wu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge