Leitsatz (amtlich)

Für den Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes gilt die fünfzehnmonatige Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB nicht. Über § 168 Abs. 1 FamFG findet kein Verweis auf die Fristenregelung des § 1835 Abs. 4, Abs. 1 S. 3 BGB statt (Anschluss an OLG Jena, Beschluss vom 23.12.2014 zu Az. 3 WF 294/14, n.v.).

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 1 S. 3, Abs. 4; FamFG § 158 Abs. 7, §§ 168, 277

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 08.07.2015; Aktenzeichen 54 F 1877/12 UG)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 05.10.2016; Aktenzeichen XII ZB 464/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Verfahrensbeistandes wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Darmstadt vom 08.07.2015 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die dem Verfahrensbeistand für das Verfahren der zweiten Instanz aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 550,00 EUR festgesetzt.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde* wird zugelassen.

[* Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt und ist beim BGH unter XII ZB 464/15 anhängig.]

 

Gründe

I. In einem von den beiden Eltern vor dem AG - Familiengericht - Darmstadt geführten Verfahren über die Regelung des Umgangs für das Kind A. wurde der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 18.10.2011 zum Verfahrensbeistand bestellt. Ihm wurde aufgegeben, das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen, ferner das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Darüber hinaus sollte der Verfahrensbeistand Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitwirken. Ferner wurde festgestellt, dass der Verfahrensbeistand das Amt berufsmäßig ausübt. Der Beschluss wurde dem Verfahrensbeistand am 19.10.2011 formlos übersandt. Er nahm in der Folge seine Tätigkeit auf und äußerte sich erstmals im Anhörungstermin vom 15.11.2011 zur Sache. Nachdem das AG unter dem 06.03.2013 einen die Instanz beendenden Beschluss erlassen hatte, legte der Kindesvater dagegen form- und fristgerecht Beschwerde ein, die der Verfahrensbeistand im April 2013 zur Kenntnis nahm. Mit Beschluss des Senats vom 19.6.2013 zu Aktenzeichen 6 UF 119/13 wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Die Zustellung des Beschlusses an den Verfahrensbeistand erfolgte am 26.6.2013.

Mit zwei vom 27.2.2015 datierenden Schreiben, jeweils bei Gericht eingegangen am 2.3.2015, beantragte der Verfahrensbeistand die Festsetzung seiner Vergütung für beide Instanzen in Höhe von jeweils 550,00 EUR. Unter dem 02.04.2015 wies die zuständige Rechtspflegerin bei dem AG den Verfahrensbeistand unter Berufung auf die §§ 168 Abs. 1 Ziffer 1 FamFG, 1835 Abs. 4, Abs. 1 Satz 3 BGB darauf hin, dass sein Anspruch bereits erloschen sei, weil die dort genannte 15-Monatsfrist abgelaufen sei. Daraufhin legte der Verfahrensbeistand der Rechtspflegerin eine Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts vom 23.12.2014 vor, aus der sich ergebe, dass die fünfzehnmonatige Ausschlussfrist für ihn als berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand nicht gelte.

Die von der Rechtspflegerin um Stellungnahme gebetene Bezirksrevisorin ... äußerte sich unter dem 09.06.2015 dahingehend, dass über § 168 Abs. 1 FamFG auch § 1835 Abs. 4 BGB mit Verweis auf § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB unmittelbare Anwendung finde. Wegen dieser Verweisungskette bedürfe es auch nicht einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung der in § 158 Abs. 7 S. 2-6 FamFG fehlenden Regelung der Ausschlussfrist für Vergütungsansprüche des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes. Danach würden auch die Vergütungsansprüche des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes der Ausschlussfrist von fünfzehn Monaten unterliegen. Seit der ersten Handlung des Verfahrensbeistandes, mit der sein Anspruch entstanden sei, seien jedoch bis zur Stellung des Vergütungsantrages bereits 3 Jahre und 4 Monate vergangen. Auf diese Stellungnahme hin wies die Rechtspflegerin bei dem LG mit Beschluss vom 08.07.2015 den Vergütungsantrag des Beschwerdeführers zurück und berief sich zur Begründung erneut darauf, dass der Anspruch nicht innerhalb der Fünfzehn-Monatsfrist der §§ 158 Abs. 7 Satz 1, 277 Abs. 1 S. 1 FamFG, 1835 Abs. 1 BGB geltend gemacht worden und daher erloschen sei. Auf den weiteren Inhalt der Beschlussgründe (Bl. 203, 204 d.A.) wird Bezug genommen.

Gegen die ihm am 17.07.2015 zugestellte Entscheidung legte der Verfahrensbeistand mit Schriftsatz vom 23.07.2015, eingegangen bei Gericht am 24.07.2015, Beschwerde ein. Zur Begründung führt er aus, dass § 277 FamFG auf den berufsmäßigen Verfahrensbeistand keine Anwendung finde. Da mit den Fallpauschalen des § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG sämtliche Aufwendungen des Verfahrensbeistandes abgegolten seien, die Pauschalvergütungsregelung aber nicht auf § 277 Abs. 1 FamFG verweise, sei eine mögliche Ausschlussfrist gesetzlich g...

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