Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchrecht: Nießbrauch für mehrere Berechtigte
Leitsatz (amtlich)
Die rechtsgeschäftliche Modifikation der Gesamtgläubigerschaft bei der Bewilligung eines Nießbrauchs für mehrere Berechtigte dadurch, dass kein Berechtigter allein zu Lasten des anderen über die Rechte verfügen kann und nach dem Tod eines Berechtigten die Rechte dem anderen ungeschmälert zustehen und die Leistung an einen Berechtigten allein keine Erfüllungswirkung gegenüber dem anderen hat, schließt die Eintragung der Gesamtgläubigerschaft gem. § 428 BGB als Gemeinschaftsverhältnis gem. § 47 Abs. 1 GBO im Grundbuch nicht aus.
Normenkette
BGB §§ 429, 1030; GBO §§ 18-19, 471
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben, soweit darin die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Nießbrauchsberechtigten verlangt wird.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag vom 28.7.2010 nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 2.8.2010 zurückzuweisen.
Gründe
Die Antragsteller haben am ... 2010 zu URz .../2010 ihres Verfahrensbevollmächtigten mit ihren Kindern einen Vertrag geschlossen, durch den sie u.a. das betroffene Grundeigentum auf diese übertragen haben. Die Übergeber haben sich auf Lebzeiten des Längstlebenden von ihnen den Nießbrauch an allen Vertragsobjekten vorbehalten.
Unter § 3 der Urkunde heißt es:
"Für die Überlassung der jeweiligen Vertragsobjekte haben die jeweiligen Erwerber die nachfolgend vereinbarten Auflagen zu erfüllen bzw. Gegenleistungen zu erbringen. Alle hierdurch begründeten Rechte stehen den Übergebern als Gesamtgläubigern gem. § 428 BGB zu, wobei das Berechtigungsverhältnis dahingehend modifiziert wird, dass kein Berechtigter allein zu Lasten des anderen über die Rechte verfügen kann, dass - sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird - nach dem Tod eines Berechtigten die Rechte dem anderen ungeschmälert zustehen und dass die Leistung an einen Berechtigten allein keine Erfüllungswirkung gegenüber dem anderen hat."
Weiter haben die Erwerber bewilligt und die Antragsteller beantragt, den Nießbrauch im angegebenen Berechtigungsverhältnis zu Lasten aller Vertragsobjekte im jeweiligen Grundbuch einzutragen und zwar jeweils mit der Maßgabe, dass zur Löschung des Rechts der Nachweis des Todes der Übergeber genügen soll.
Unter dem 28.7.2010 hat der Verfahrensbevollmächtigte eine Ausfertigung der Urkunde vom ... 2010 beim Grundbuchamt eingereicht, sich den durch die Beteiligten gestellten Anträgen angeschlossen und um deren grundbuchlichen Vollzug gebeten.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 2.8.2010 außer der Genehmigung nach § 2 GrdstVG, die nachträglich vorgelegt worden ist, die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Nießbrauchsberechtigten gem. § 47 verlangt.
Mit Verfügung vom 27.8.2010 hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt die Zwischenverfügung vom 2.8.2010 dahin ergänzt, dass die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses durch Ergänzung/Berichtigung der Bewilligung erforderlich sei, gegebenenfalls durch notarielle Eigenurkunde.
Auch nachdem der Verfahrensbevollmächtigte die Auffassung vertreten hat, das Gemeinschaftsverhältnis sei in § 3 der Urkunde ausführlichst geregelt, hat die Rechtspflegerin in einer neuerlichen Verfügung vom 6.9.2010 an der Zwischenverfügung vom 2.8.2010 festgehalten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es liege infolge der dem Inhalt des § 428 BGB zuwiderlaufenden Modifikationen des Berechtigungsverhältnisses in § 3 der Urkunde kein wirksames Gemeinschaftsverhältnis vor.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, mit der geltend gemacht wird, es bestehe ein von der Rechtsprechung anerkanntes, unabweisbares rechtliches Bedürfnis, die Gesamtberechtigung gem. § 428 BGB so zu modifizieren, dass die erwünschten Rechtsfolgen eintreten können, die unerwünschten jedoch zuverlässig ausgeschlossen bleiben. Die Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses unterliege nicht dem sachenrechtlichen Typenzwang, vielmehr genüge zur Aufrechterhaltung des jeweiligen Gestaltungstyps ein einziges Merkmal, das diesen Gestaltungstyp von anderen Berechtigungsverhältnissen unterscheidet. Vorliegend seien mindestens zwei Typenmerkmale des § 428 BGB vorhanden, weil nämlich jeder der Berechtigten die volle Leistung an sich fordern kann und nach dem Tod eines Ehegatten das volle Recht dem überlebenden Ehegatten ungeschmälert zustehe. Die Auswahlfreiheit des Schuldners könne dagegen wirksam abbedungen werden. Auch § 47 GBO werde durch die Modifizierung des Berechtigungsverhältnisses nicht berührt, da nicht sämtliche Facetten des konkret vereinbarten Berechtigungsverhältnisses im Grundbuch verlautbart werden könnten und müssten. Insoweit reiche die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung.
Mit Beschluss vom 27.10.2010 hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamts "der Erinnerung des Notars A" aus den Gründen der angefochtenen Zwischenverfügung nicht abgeholfen.
Die Beschwerde gem. §§ 11 Abs. 1 RpflegerG, 71 GBO, um die es sich nach Abschaffung der Durchgriffseri...