Entscheidungsstichwort (Thema)
Wille zur Erwerbstätigkeit keine Voraussetzung für Anspruch nach § 1615l Abs. 2
Leitsatz (amtlich)
Für den Anspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB ist nicht Voraussetzung, dass die Kindesmutter auch erwerbstätig sein will, wenn sie durch die Kinderbetreuung an der Erwerbstätigkeit gehindert ist.
Normenkette
BGB § 1615l Abs. 2; SGB 2 § 44b
Verfahrensgang
AG Königstein (Beschluss vom 21.01.2011) |
Tenor
Der Beschluss des AG - Familiengericht - Königstein i.Ts. vom 21.1.2011 wird abgeändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für die Mutter seines Kindes E, geb. am ... 2009, Frau C W, rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.2.2010 bis 30.6.2010 i.H.v. 3.090 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (22.9.2010) zu zahlen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.090 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin, deren Rechtsvorgängerin die Arbeitsförderung K - Stadt GmbH (AFK) ist, begehrt vom Antragsgegner Zahlung von Betreuungsunterhalt gem. § 1615l BGB aus übergegangenem Recht.
Der Antragsgegner ist der Vater der am ... 2009 geborenen E, deren Mutter C W von der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin u.a. in der Zeit vom 1.2.2010 bis zum 30.6.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Bestimmungen des SGB II i.H.v. mindestens 618 EUR monatlich bezogen hat, im gesamten Zeitraum insgesamt also zusammen 3.090 EUR. Der Antragsgegner wurde durch Schreiben vom 15.2.2010 zur Auskunft und zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert. Mit Schreiben vom 18.3.2010 wurde ein Betrag von monatlich 618 EUR an Unterhalt geltend gemacht.
Frau C W war bereits vor der Schwangerschaft nicht erwerbstätig. Ein von der Bundesagentur für Arbeit eingeholtes Gutachten des ärztlichen Dienstes kam am 10.12.2008 zu dem Ergebnis, dass Frau W täglich von 3 bis unter 6 Stunden erwerbstätig sein könne. Bezüglich der Art der Erwerbstätigkeit ergaben sich aufgrund von verschiedenen Erkrankungen Einschränkungen. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Bl. 33 ff. d.A. verwiesen.
Der Antragsgegner hat ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 2.940 EUR. Er bewohnt eine in seinem Eigentum stehende Haushälfte, für die er monatlich an Zins- und Tilgungsleistungen 761,55 EUR aufwendet. Er zahlt einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 257 EUR für E.
Das AG hat in dem angefochtenen Beschluss den Antrag abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB II voraussetze, dass der Leistungsbezieher einer Erwerbstätigkeit nachgehen wolle. Der Unterhaltsanspruch gem. § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB setze aber voraus, dass die Kindesmutter das Kind pflegen und erziehen und gerade nicht erwerbstätig sein wolle. Deshalb schlössen sich ein Anspruch nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB und der Bezug von ALG II aus, so dass der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch nicht auf die Antragstellerin übergegangen sein könne.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 4.2.2011 beim AG eingegangenen Beschwerde.
Sie ist der Auffassung, dass sowohl sie als auch ihre Rechtsvorgängerin berechtigt seien, übergegangene Unterhaltsansprüche aus eigenem Recht geltend zu machen. Mit Vertrag vom 9.12.2004 (Bl. 37 ff. d.A.) hätten sowohl die Bundesagentur für Arbeit als auch die Stadt K als jeweiliger Träger der gegründeten Arbeitsförderung K - Stadt GmbH ihre jeweiligen Aufgaben im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II übertragen. Sowohl die Antragstellerin als auch ihre Rechtsvorgängerin seien daher grundsätzlich ermächtigt, Hilfeempfängern Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen. Ansprüche gegenüber Dritten gingen nach § 33 SGB II von Gesetzes wegen über. Die Antragstellerin habe auch rechtmäßig an Frau C W Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht. Nach dem eingeholten Gutachten sei Frau W in der Lage gewesen, täglich von 3 bis unter 6 Stunden erwerbstätig zu sein. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II sei die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar gewesen, da das von ihr betreute Kind unter 3 Jahre alt gewesen sei. Frau W habe deshalb einen Anspruch gegen die Antragstellerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehabt. Der Anspruch nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB bestehe auch dann, wenn die Kindesmutter neben der Pflege und Erziehung des Kindes aus anderen Gründen an einer Arbeitsaufnahme gehindert sei.
Die Antragstellerin beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des AG Königstein i. Ts. vom 17.1.2011 - 14 F 501/10 UKU den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin für die Mutter seines Kindes E W, geb. am ... 2009, Frau C W, rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.2.2010 bis 30.6.2010 i.H.v. 3.090 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er bestreitet, dass mögliche Ansprüche auf die Antragstellerin übergegangen seien. Die Antragstellerin bzw. i...