Leitsatz (amtlich)
Vorschüsse, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit für bestimmte Verfahrensabschnitte erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Verfahrensabschnitte zu zahlenden Gebühren anzurechnen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Über die Vergütung des Beschwerdeführers ist neu zu entscheiden.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 11. Januar 2006 zum Pflichtverteidiger für den Angeklagten bestellt. Im vorbereitenden Verfahren war er als Wahlverteidiger tätig. Für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger bis zur Entbindung mit Beschluss vom 23. März 2006 hat der Beschwerdeführer Festsetzung der Verfahrensgebühr Nr. 4119 VV RVG und der Terminsgebühr Nr. 4103 VV RVG sowie diverser Auslagen in Höhe von insgesamt 1.254,25 EUR beantragt. Gleichzeitig hat er mitgeteilt, dass er von der Familie des Mandanten eine Honorarpauschale von 3.500,- EUR inklusive Mehrwertsteuer für seine Tätigkeit im staatsanwaltschaftlichen Vorverfahren erhalten habe. Mit Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 9. Juni 2006 ist der Antrag auf Auszahlung der Pflichtverteidigervergütung zurückgewiesen worden, weil Vorschüsse aus dem Ermittlungsverfahren auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen seien. Der Erinnerung des Beschwerdeführers ist abgeholfen worden, soweit Auslagen in Höhe von 721,81 4E geltend gemacht worden sind. Im Übrigen ist die Erinnerung mit Beschluss vom 2. August 2006 zurückgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 22. August 2006 hat der Beschwerdeführer "weitere Beschwerde" eingelegt.
Die "weitere Beschwerde" ist als Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung gemäß § 56 Abs.2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs.3 RVG zu behandeln. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingereicht worden (§ 56 Abs.2 S.1 i.V.m. § 33 Abs.3 S.3, Abs. 7 RVG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,- EUR (§ 56 Abs.2 S. 1 i.V.m. § 33 -Abs.3 S. 1 RVG) ist erreicht.
Die Entscheidung über die Erinnerung ist aufzuheben. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass Vorschüsse aus dem Ermittlungsverfahren auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen sind. Das ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Gemäß § 58 Abs.3 Satz 1 RVG sind Vorschüsse, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit für bestimmte Verfahrensabschnitte erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Verfahrensabschnitte zu zahlenden Gebühren anzurechnen. Die einzelnen Verfahrensabschnitte in Strafsachen ergeben sich aus Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses. Die für bestimmte Verfahrensabschnitte erhaltenen Zahlungen sind nur auf die von der Staatskasse für diese Verfahrensabschnitte zu zahlenden Gebühren anzurechnen.
Anzurechnen sind jedoch auch Zahlungen auf Auslagen (vgl. Anwaltskommentar RVG, 3. Aufl., § 58 Rdn.61 ff.). Das ist so selbstverständlich, dass es keiner ausdrücklichen Regelung bedurfte. Andernfalls könnten Auslagen nämlich doppelt abgerechnet werden. Ausweislich der vorgelegten Vergütungsvereinbarung (Bl. 896 d.A.) ist der Passus, wonach Auslagen gesondert abgerechnet werden, gestrichen worden. Das kann nur so verstanden werden, dass die vereinbarte Vergütung die anfallenden Auslagen beinhaltet. Wenn die Gesamtvergütung Auslagen einschließt, muss eine Anrechnung erfolgen. Welche Auslagen auf die Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren entfallen, wird noch aufzuklären sein.
Die Entscheidung ergeht, gerichtsgebührenfrei; Kosten werden, nicht erstattet (§ 56 Abs.2 S.2 und 3 RVG).
Fundstellen
Haufe-Index 2573565 |
NStZ 2007, 328 |
AGS 2007, 193 |
StRR 2007, 158 |
StV 2007, 476 |
StraFo 2007, 219 |