Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Verstoß gegen Informationspflichten des § 87 Abs. 1 GEG
Leitsatz (amtlich)
Für die Unterlassungsklage eines Verbraucherverbandes gegen ein Maklerunternehmen wegen eines Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 GEG kann ein Gebührenstreitwert von 30.000 EUR angemessen sein.
Normenkette
GEG § 87 Abs. 1; GKG § 51
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 29.09.2022; Aktenzeichen 14 O 39/22) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Beschwerde wird die Streitwertfestsetzung des Landgerichts abgeändert und der Gebührenstreitwert auf 30.000 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die zulässige - im eigenen Namen eingelegte - Beschwerde des Klägervertreters hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht ist zu Unrecht von der Angabe des Klägers in der Klageschrift abgewichen und hat dem Gebührenstreitwert nur auf 10.000 EUR festgesetzt.
Nach § 51 Abs. 2 GKG ist der Streitwert entsprechend der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen bemisst sich der Streitwert nach dem Interesse des Anspruchstellers, künftige Verletzungshandlungen der geltend gemachten Art zu verhindern. Dabei ist die Gefährlichkeit der zu unterbindenden Handlung im Hinblick auf den drohenden Schaden, der sog. "Angriffsfaktor", zu berücksichtigen.
Klagt - wie hier - ein Verband nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG ist das satzungsmäßig wahrgenommene Interesse der Verbraucher maßgebend, also die diesen drohenden Nachteile (BGH GRUR-RR 2013, 528 Rn. 2; BGH GRUR 2017, 212 Rn. 9; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.5.2020 - 6 W 56/20 = WRP 2020, 632). Da der Kläger als Verbraucherschutzverband die Aufgabe hat, diese Belange zu vertreten, ist sein Interesse an der gerichtlichen Durchsetzung in der Regel höher zu bewerten als das Interesse eines einzelnen Mitbewerbers (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 4.8.2011 - 6 W 70/11 = K&R 2011, 806; KG WRP 2010, 789; OLG Karlsruhe MDR 2016, 1116).
Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt der Streitwertangabe des Klägers zu Beginn des Verfahrens eine erhebliche indizielle Bedeutung für das tatsächlich verfolgte Interesse zu (vgl. z.B. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.7.2021 - 6 W 53/21 = GRUR-RR 2021, 549 und schon OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 3.11.2011 - 6 W 65/10). Da er zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift nicht sicher wissen kann, ob sein Antrag Erfolg haben wird, ist er von sich aus gehalten, sein wirtschaftliches Interesse an der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes realistisch einzuschätzen. Hinzu kommt, dass die Orientierung an den Angaben des Klägers an § 51 Abs. 2 GKG anknüpft, wonach sich der Streitwert grundsätzlich nach Bedeutung der Sache für den Kläger zu bemessen ist. Eine Abweichung von der Streitwertangabe kommt daher im Regelfall nur in Betracht, wenn Anzeichen dafür bestehen, dass diese Angabe erheblich über- oder untersetzt ist (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.1.2020 - 6 W 119/19 = GRUR-RS 2020, 390). Das ist hier nicht der Fall.
Der Kläger wendet sich gegen einen Verstoß der Beklagten gegen die Pflicht, bei der Bewerbung von angebotenen Immobilien die nach § 87 Abs. 1 GEG vorgeschriebenen Pflichtangaben zu machen. Als Verletzungsformen führt der Kläger dabei eine Immobilienanzeige in der X vom 30.4.2022 sowie die Bewerbung desselben Objekts auf der Webseite der Beklagten am 4.5.2022 an.
Der Kläger hat in der Klageschrift für den entsprechenden Unterlassungsantrag einen Streitwert von 30.000 EUR angegeben Das ist nicht zu beanstanden.
Die Angabe berücksichtigt, dass es sich bei dem Verstoß gegen die Informationspflichten aus § 87 Abs. 1 GEG nicht um Bagatellverstöße handelt, sondern um für Verbraucher zentrale Informationen, die eine nicht unerhebliche Relevanz haben, indem sie ihm die Einschätzung der energetischen Qualität des angebotenen Objekts ermöglichen. Daran ändert sich nichts dadurch, weil es sich bei diesem Objekt um eine Penthouse in Erstbezug handelte, wie die Beklagte einwendet.
Hinzu kommt, dass der Kläger gleich zwei Bewerbungen aufgezeigt hat, in denen sich die Informationspflichtverletzung ausdrückt. Dass es sich um dasselbe Objekt handelt, ist insoweit nicht maßgeblich, da die Beklagte die Veröffentlichung nicht zwingend in beiden Medien hätte vornehmen müssen.
Auch der BGH hat in drei Entscheidungen vom 5.10.2017 (I ZR 229/16, I ZR 232/16 und I ZR 4/17) über fehlende Energieverbrauchsangaben in Immobilienanzeigen den Streitwert auf jeweils 30.000 EUR festgesetzt, wobei diese jeweils - wie hier - (nur) einen Unterlassungsantrag zum Gegenstand hatten.
Entgegen der Meinung des Landgerichts führt auch § 51 Abs. 3 GKG nicht zu einer Minderung des Streitwertes. Nach dieser Vorschrift ist der Streitwert angemessen zu mindern, wenn die Bedeutung der Sache für den Beklagten erheblich geringer zu bewerten ist als der nach § 51 Abs. 2 GKG ermittelte...