Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Bordellartiger Betrieb oder Hostessenservice in Teileigentum

 

Verfahrensgang

AG Seligenstadt (Aktenzeichen II 55/88 WEG)

LG Darmstadt (Aktenzeichen 5 T 1508/88)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gerichtliche und außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsgegner zu tragen.

Wert: 24.000,– DM.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig. Es handelt sich nicht um eine Kostenbeschwerde nach § 20 a II FGG, sondern um eine Beschwerde in der Hauptsache, da das Landgericht gegen den Widerspruch der Antragsgegner die Erledigung festgestellt hat. Es hat damit in der Hauptsache entschieden und nicht etwa nur eine isolierte Kostenentscheidung getroffen (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 12. Aufl., § 19 Rdnr. 94). Die weitere Beschwerde ist aber nicht begründet. Die Feststellung der Erledigung durch das Landgericht ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegner ist zwischen den Anträgen des Antragstellers vom 2.5.1988 und 9.8.1988 nicht derart zu unterscheiden, daß sich durch den Auszug der Untermieterinnen und den Verkauf des Teileigentums nur der erste Antrag erledigt habe, während der Antrag vom 9.8.1988 von Anfang an unbegründet gewesen sei, weil sie einen bordellartigen Betrieb bzw. Hostessen-Service nicht „unterhalten” oder „geduldet” hätten. Im FGG-Verfahren besteht im Gegensatz zum ZPO-Verfahren keine enge Bindung an Sachanträge; eine Antragsänderung ist auch ohne Zustimmung des Verfahrensgegners zulässig (Weitnauer, WEG, 7. Aufl. Anh. § 43 Rdnr. 3; KG ZMR 87, 384). Der Antragsteller hat mit beiden Anträgen erreichen wollen, daß im Teileigentum der Antragsgegner kein bordellartiger Betrieb bzw. Hostessen-Service stattfindet. Damit liegt in Wirklichkeit nur ein Sachantrag vor, nämlich der vom 9.8.1988. Über diesen Antrag hat das Amtsgericht auch entschieden.

Das Landgericht konnte auch die Erledigung der Hauptsache feststellen, da der Sachantrag nicht von Anfang an unbegründet war. Die Antragsgegner haben eingeräumt, daß sich drei Topmodelle einquartiert hatten und ihre Mieterin vertragswidrig untervermietet hatte. Wenn sie vortragen, den Betrieb nicht unterhalten oder geduldet zu haben – im Schriftsatz vom 11.1.1989 hatten sie noch bezüglich der Duldung die Erledigung anerkannt – verkennen sie, daß der Unterlassungsanspruch nach den §§ 15 III WEG, 1004 BGB nicht nur den Handlungsstörer erfaßt, sondern auch den Zustandsstörer. Zustandsstörer kann aber auch der Vermieter sein, der es unterläßt, durch Tathandlungen oder rechtliche Maßnahmen gegen den Mieter die Beeinträchtigung zu unterbinden (Palandt-Bassenge, BGB, 48. Aufl., § 1004 Anm. b, d). Um auch den Zustandsstörer zu erfassen, werden die Unterlassungsanträge üblicherweise so gestellt, daß ihm untersagt werden soll, eine störende Einrichtung zu unterhalten oder den Betrieb durch Dritte zu dulden (vgl. Bay ObLG' ZMR 87, 100; KG ZMR 87, 384). Diese Zustandshaftung können die Antragsgegner nicht mit der Behauptung von sich weisen, auf den Mieter eingewirkt zu haben. Wenn diese Einwirkung keine Abhilfe schafft, muß unverzüglich fristlos gekündigt und Räumungsklage erhoben werden. Weil die Antragsgegner nur damit ihren Verpflichtungen nachgekommen wären, ist der Hinweis auf die Dauer eines Räumungsverfahrens verfehlt.

Im Hinblick darauf ist weder die Feststellung der Erledigung der Hauptsache noch die Kostenentscheidung des Landgerichts als Ermessungsentscheidung zu beanstanden. Es ist anerkannt, daß die Kostenentscheidung nach Erledigung sich am vermutlichen Verfahrensausgang bei streitiger Fortsetzung orientieren kann (OLG Frankfurt OLGZ 80, 82). Dabei ist auch die Einwendung unbegründet, der Antragsteller habe seine Legitimation zunächst nicht nachweisen können. Die Antragsgegner hätten als Miteigentümer wissen müssen, wer Verwalter war und daß er nach der Gemeinschaftsordnung die Prozeßführungsbefugnis hatte.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 47, 48 II WEG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 555720

OLGZ 1990, 419

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