Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 18.05.1992; Aktenzeichen 4 T 516/91) |
AG Wiesbaden (Beschluss vom 16.08.1991; Aktenzeichen 32 UR II 82/89) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Erstbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts Wiesbaden vom 16.8.1991 wird zurückgewiesen.
Auch die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsgegner zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Verfahren nicht zu erstatten.
Wert: 10.000,– DM.
Gründe
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in der Sache begründet. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen. Das Landgericht hat übersehen, daß die Kosten für die Fertigstellung des „steckengebliebenen Baus” solche nach § 16 II WEG sind, die Teilungserklärung vom 29.11.1983 durch eine Verweisung hierauf die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach Miteigentumsanteilen verteilen will und diese Regelung nicht durch Mehrheitsbeschluß, sondern nur einstimmig abänderbar ist.
Das Landgericht ist freilich zutreffend davon ausgegangen, daß die Gemeinschaft in entsprechender Anwendung des § 22 II WEG die mangelfreie Fertigstellung des gemeinschaftlichen Eigentums mehrheitlich beschließen kann (Senatsbeschluß 20 W 114/90 vom 15.3.1991 = OLGZ 91, 293; OLG Köln ZMR 89, 384; Weitnauer DNotZ 77, 45; Röll NJW 78, 1507; BayOblG Mitt Bay Not 83, 68). Damit ist aber noch nicht gesagt, daß auch die Kostenregelung mehrheitlich erfolgen kann, wenn damit der in der Teilungserklärung enthaltene Verteilerschlüssel (§ 16 II WEG) abgeändert werden soll.
Es ist schon allgemein umstritten, ob von § 16 II WEG eine Ausnahme zu machen ist, wenn von den Erwerbern der Eigentumswohnungen die Kaufpreise in unterschiedlicher Höhe gezahlt worden sind (bejahend: OLG Karlsruhe NJW 81, 466; verneinend: Röll NJW 81, 467; 78, 1507; LG Bonn ZMR 85, 63; offen gelassen: Bay ObLG Mitt Bay Not 83, 68; OLG Hamm NJW 84, 2708; vgl. auch OLG Hamburg OLGZ 90, 308; Deckert ETW 3, 109; Weitnauer, WEG, 7. Aufl.; § 22 Rn. 11 a; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl.; § 22 Rn. 128). Das Landgericht hat es unausgesprochen in Ablehnung an die Entscheidung des OLG Karlsruhe (a.a.O., mit insoweit ablehnender Anmerkung von Röll), der aber eine andere Fallgestaltung zugrundeliegt (§ 21 IV WEG), für zulässig gehalten, bei der Kostentragung die im angefochtenen Eigentümerbeschluß vom 29.6.1989 (TOP 12) erwähnten Unternehmerverträge und die daraus von den Wohnungseigentümern in unterschiedlicher Höhe gezahlten Werklöhne zu berücksichtigen. Darin kann ihm nicht gefolgt werden.
Nicht umstritten ist nämlich, daß auch die Kosten der Fertigstellung des gemeinschaftlichen Eigentums unter § 16 II WEG fallen (BayOblG Mitt Bay Not 83, 69 m.w.N.). Die Wohnungseigentümer sind daher entgegen der Annahme des Landgerichts gehindert, mehrheitlich eine andere „praktikable Regelung” zu treffen, zumal dann, wenn dies in Abweichung vom Verteilerschlüssel der Teilungserklärung geschieht, der nur einstimmig abgeändert werden kann (Senatsbeschlüsse 20 W 362/85 vom 15.7.1986, 20 W 175/88 vom 28.6.1988; Henkes/Niedenführ/Schulze, WEG, 2. Aufl.; § 16 Rn. 3, 4; Palandt/Bassenge, BGB, 52. Aufl., § 16 WEG Rn. 2 m.w.N.).
Die Wohnungseigentümer haben sich bei der Kostenregelung auch nicht indirekt, wie das Landgericht meint, an § 16 II WEG orientiert. Der Annahme, daß die Fertigstellungskosten aus den Unternehmerverträgen nach dem Miteigentumsanteilen bemessen seien und daher die Rückstände vorab verlangt werden könnten, steht nicht nur der vorgelegte Vertrag der Beteiligten zu 3. entgegen, der eine Gesamtvergütung auch für Arbeiten am Sondereigentum vorsieht. Dieser Umstand ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil sich die Beteiligten zu 3. für den Fall der Wirksamkeit des Eigentümerbeschlusses vom 29.6.1989 mit den Antragsgegnern geeinigt haben. Im übrigen haben die Antragsgegner einen Verstoß gegen § 16 II WEG und die Teilungserklärung eingeräumt (Schriftsatz vom 7.12.1987 im Verfahren 32 UR II 126/87 für den vergleichbaren Inhalt des Eigentümerbeschlusses vom 17.9.1987).
Danach erweist sich der amtsgerichtliche Beschluß im Ergebnis als zutreffend, so daß er wiederherzustellen war.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 47, 48 II WEG.
Fundstellen