Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung aus Unterlassungstitel zur Vornahme einer Handlung
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.08.2003; Aktenzeichen 3-13 O 20/03) |
Tenor
Der Beschluss des LG Frankfurt am Main – 13. Kammer für Handelssachen – vom 19.8.2003 i.d.F. des Nichtabhilfebeschlusses vom 24.10.2003 wird aufgehoben.
Der Antrag des Gläubigers auf Festsetzung von Ordnungsmitteln vom 30.4.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens hat der Gläubiger zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Beschwerdewert: 20.000 Euro.
Gründe
I. Der Schuldnerin wurde durch einstweilige Verfügung des LG vom 12.2.2003 unter der Androhung von Ordnungsmitteln
„untersagt, den in der Hauptversammlung vom 16.1.2003 gefassten Beschluss, den Antragsteller als Abwickler abzuberufen, zu vollziehen, insb., diesen Beschluss in das Handelsregister des AG Frankfurt am Main – HRB 46291 – eintragen zu lassen”.
Durch Urteil des LG vom 9.4.2003 wurde die einstweilige Verfügung bestätigt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf dieses Urteil verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 30.4.2003 beantragte der Gläubiger die Festsetzung von Ordnungsmitteln, weil sich die Schuldnerin ihrer titulierten Unterlassungsverpflichtung fortdauernd widersetze.
Zur Begründung trug er u.a. vor, die Schuldnerin entziehe sich ihrer Verpflichtung zur Eintragung des Gläubigers als ihr Abwickler im Handelsregister.
Mit Beschluss vom 19.8.2003 hat das LG gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld von 50.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für jeweils 10.000 Euro einen Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an ihren Abwicklern R. und Dr. W., festgesetzt.
Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Schuldnerin habe es pflichtwidrig unterlassen, sich um die Eintragung des Gläubigers als ihr Abwickler ins Handelsregister zu kümmern. Zwar sei Gegenstand der Untersagungsverfügung das Gebot, den Hauptversammlungsbeschluss vom 16.1.2003 über die Abberufung des Gläubigers als Abwickler nicht zu vollziehen. Dies bedeute jedoch positiv, dass der Gläubiger als Abwickler zu behandeln sei, dazu gehöre nach § 266 Abs. 1 AktG zwingend seine Eintragung ins Handelsregister.
Gegen diesen der Schuldnerin am 21.8.2003 zugestellten Beschluss hat sie mit am 25.8.2003 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das LG mit Beschluss vom 24.10.2003 durch Herabsetzung des Ordnungsgeldes auf 20.000 Euro teilweise abgeholfen hat.
Der Gläubiger ist der sofortigen Beschwerde erfolgreich entgegengetreten.
II. Die nach § 793 ZPO statthafte, auch i.Ü. nach §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Das LG hätte die mit dem Rechtsmittel angegriffene Ordnungsstrafe nicht verhängen dürfen, weil es an den dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen des § 890 ZPO fehlt.
Die Beklagte hat der titulierten Unterlassungsverpflichtung nicht zuwidergehandelt.
1. Die Schuldnerin hat den in der Hauptversammlung vom 16.1.2003 gefassten Beschluss, den Gläubiger als Abwickler abzuberufen, nicht vollzogen, insb. diesen Beschluss nicht in das Handelsregister des AG Frankfurt am Main – HRB 46291 – eintragen lassen. Sie hat damit dasjenige Handeln unterlassen, das ihr durch die einstweilige Verfügung verboten war.
Bereits aus diesem Grund fehlt es an der für die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 ZPO erforderlichen Zuwiderhandlung.
2. Die seine Entscheidung tragende Begründung des erstinstanzlichen Gerichts, die Schuldnerin habe es unterlassen, ihrer gesetzlichen Handlungsverpflichtung aus § 266 Abs. 1 AktG zu folgen, ist nicht geeignet, die Ordnungsstrafe zu rechtfertigen; ihr liegt ein verfehltes vollstreckungsrechtliches Verständnis der titulierten Unterlassungspflicht zu Grunde.
2.1 Allerdings kann in einem titulierten Unterlassungsgebot zugleich eine Verpflichtung zum Tätigwerden enthalten sein, die im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO erzwungen werden kann.
Ein Unterlassen i.S.v. § 890 Abs. 1 ZPO, also ein untätiges Verhalten, das einen bestimmten Kausalverlauf nicht beeinflusst, ist grundsätzlich in zwei Formen möglich:
Zum einen kann der Schuldner verpflichtet sein, durch ein bloßes Untätigbleiben auf einen bestimmten Geschehensablauf nicht aktiv einzuwirken.
Zum anderen kann der Schuldner weiter gehend zu einem aktiven Tun auch durch einen Unterlassungstitel verpflichtet sein, wenn er eine im Titel beschriebene bereits bestehende Beeinträchtigung aufrechterhält bzw. weiter ausnutzt (vgl. BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, MDR 1993, 745 = GmbHR 1993, 446 = AG 1993, 422 = NJW 1993, 1076; OLG Köln v. 7.3.1994 – 2 W 32/94, OLGReport Köln 1994, 138 = OLGZ 1994, 599; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 890 Rz. 4 ff.; Musielak/Lackmann, ZPO, 3. Aufl., § 890 Rz. 2; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 7. Aufl., Rz. 1093; Hintzen/Wolff, Handbuch der Mobiliarvollstreckung, 2. Aufl. 1999, Teil F, Rz. 85; BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92, MDR 1993, 268 = RPfleger 1993, 294 f.). Ob aus einem solche...