Normenkette

RVG-VV Nr. 7007; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 16 O 134/98)

 

Gründe

Die zulässige (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; §§ 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG) sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die Absetzung der Flugkosten im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat Erfolg.

1. Die in O1 ansässige Klägerin hat ihrem O2er Prozessbevollmächtigten seine tatsächlich entstandenen (Bl. 757 d.A.) Rückreisekosten vom Termin bei dem OLG in Darmstadt per Flugzeug in voller Höhe zu vergüten, denn es handelt sich um angemessene Fahrtkosten einer erforderlichen Geschäftsreise (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG, VV 7004 früher § 28 BRAGO). Angemessen bedeutet weder luxuriös noch schäbig, sondern den Gesamtumständen angepasst (Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., Rz. 23 zu VV 7006). Der Rechtsanwalt muss nicht das billigste, sondern darf das für ihn bequemste und zeitgünstigste Verkehrsmittel wählen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 91 Rz. 13 - Reisekosten des Anwalts). In heutiger Zeit gehört das Flugzeug zu den gängigen Beförderungsmitteln auch innerhalb Deutschlands, das die terminlich ausgelasteten Rechtsanwälte auch aus Zeitersparnisgründen benutzen können (KG, Beschl. v. 23.1.2001 - 1 W 8967/00, MDR 2001, 473 = KGReport Berlin 2001, 102 = für den Flug von München nach Berlin, zitiert nach JURIS Rz. 15; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27.9.2002, 2 Ta 808/02, für den Flug von Hamburg nach Frankfurt am Main zu einem Termin in Mainz, zitiert nach JURIS Rz. 15; ebenso LAG Hessen, Beschl. v. 13.8.2001 - 2 Ta 311/01, für den Flug von Berlin nach Frankfurt, zitiert nach JURIS Rz. 14; vgl. auch BVerwG, JurBüro 1989, 1456, zitiert nach JURIS Orientierungssatz 1).

Die Wahl des Prozessbevollmächtigten, die Rückreise mit dem Flugzeug anzutreten, war in diesem Fall auch deshalb angemessen, weil der Sachbearbeiter zuvor wegen Verhinderung vergeblich um Terminsverlegung nachgesucht hatte, und kurzfristig zur Vermeidung der Bestellung eines Unterbevollmächtigten eine Vertreterin schicken musste, die zeitlich auf diese Reise nicht eingerichtet war. Auch in Bezug auf den Streitwert von 46.118,52 EUR sind die Flugreisekosten für eine Strecke nicht als unverhältnismäßig anzusehen. Zudem zeigt die Begrenzung des Fluges auf die Rückreise, dass der Prozessbevollmächtigte bei der Wahl des Verkehrsmittels Kosten und Nutzen abgewogen hat.

2. Diese Reisekosten des Prozessbevollmächtigten sind auch vom unterlegenen Prozessgegner zu erstatten, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO notwendig gewesen sind. Die Wahl des Rechtsanwalts für ein bestimmtes Verkehrsmittel, die der Mandant nach RVG-VV 7004 akzeptieren muss, ist grundsätzlich auch für die Erstattungspflicht beachtlich (vgl. Zöller/Herget a.a.O.).

Die Klägerin verstößt mit ihrer Geltendmachung dieser Reisekosten ihres O2er Rechtsanwalts auch nicht gegen die ihr obliegende Kostengeringhaltungspflicht. Sie hat ihre Belange vernünftig und kostenbewusst wahrgenommen, indem sie unmittelbar einen Prozessbevollmächtigten in Deutschland bestellt hat. Nach dem in der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH (vgl. z.B. BGH NJW-RR 2005, 922) anerkannten Grundsatz des persönlichen Beratungsgesprächs mit einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens wäre die Klägerin - auch für die zweite Instanz - kostenrechtlich berechtigt gewesen, einen O1er Verkehrsanwalt einzuschalten oder ein Informationsgespräch bei einem O3er/O4er Rechtsanwalt wahrzunehmen, wodurch höhere Kosten entstanden wären.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1728936

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