Leitsatz (amtlich)

Festsetzung des Gegenstandswerts für anwaltliche Gebühren im vollstreckungsrechtlichen Verfahren

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3329; RVG § 33 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 13 O 90/15)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Der Gegenstandswert betreffend den Antrag vom 20.08.2016 auf vorläufige Vollstreckbarerklärung wird auf 280,64 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin beantragte auf Grundlage von § 537 ZPO, das landgerichtliche Urteil über den ihr zuerkannten Betrag von 1.403,21 Euro nebst Zinsen vorläufig für vollstreckbar zu erklären. Nach der daraufhin erfolgten Zahlung dieser Summe durch den Beklagten ist der Antrag für erledigt erklärt worden. Die in dem vollstreckungsrechtlichen Verfahren entstandenen Kosten sind mit Beschluss des Senats vom 14.03.2018 dem Beklagten auferlegt worden.

Auf Antrag des Klägervertreters war nach § 33 Abs. 1 RVG für dieses Verfahren der Gegenstandswert für die anwaltlichen Gebühren festzusetzen (zur Gerichtsgebührenfreiheit MüKoZPO/Rimmelspacher, 5. Auflage, § 537 Rn. 19M Zöller/Heßler, ZPO, 29. Auflage, § 537 Rn. 18). Die unter Ansatz des Gegenstandswert zu berechnende 0,5 Gebühr aus Nr. 3329 VV RVG ist vorliegend angefallen, weil der Teilbetrag, hinsichtlich dessen die vorläufige Vollstreckbarkeit angeordnet werden sollte, in der Berufungsinstanz nicht mehr anhängig war, so dass die Tätigkeit im vollstreckungsrechtlichen Verfahren vor dem Oberlandesgericht nicht durch die Gebühren des Berufungsverfahrens mitabgegolten worden ist (vgl. MüKoZPO/Rimmelspacher, 5. Auflage, § 537 Rn. 19).

Zugrunde zu legen ist ein Bruchteil von 1/5 des für vollstreckbar zu erklärenden Betrages, mithin eine Summe von 280,64 Euro (vgl. Wulf, in: BeckOKZPO, § 537 Rn. 10; OLG Koblenz AG kompakt 2010, 123). Mit diesem Ansatz wird das nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Vollstreckungsgläubigers an der Vollstreckbarerklärung angemessen erfasst.

Der Auffassung des Klägervertreters, wonach für den Gegenstandswert der volle Betrag zum Maßstab zu nehmen sei, hinsichtlich dessen das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt werden soll (so auch Zöller/Heßler, a.a.O; Thiel, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Kostenrecht 2. Auflage, VV RVG RN. 3329 Rn. 5; LG Bonn MDR 2001, 416) kann nicht gefolgt werden. Mit der Aussage, wonach die Vollstreckbarerklärung der Durchführung der Zwangsvollstreckung diene, für welche wiederum der volle Wert der zu vollstreckenden Forderung maßgeblich sei, wird der begrenzte Wirkung eines Ausspruchs über die Vollstreckbarkeit nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit dient ebenso wie ein Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht der Durchsetzung, sondern lediglich der akzessorischen Vorbereitung bzw. Aufschiebung der Forderungsrealisierung. Sie regelt das vollstreckungsrechtliche Rechtsverhältnis der Parteien anders als die letztliche Vollstreckung nicht endgültig (vgl. auch § 717 ZPO), sondern nur vorübergehend für den Zeitraum bis zur Rechtskraft der Rechtsmittelentscheidung und ist in ihrem Bestand ungewiss, da jederzeit abänderbar. Für Gläubiger und Schuldner stellt sie zudem nur einen Nebenschauplatz im Verhältnis zum in der Hauptsache anhängigen Rechtsmittelverfahren dar, insofern der tatsächliche und rechtliche Aufwand, der mit der Argumentation betreffend das Für und Wider der Vollstreckbarerklärung verbunden ist, sich in Grenzen hält und in der anwaltlichen Praxis in der Regel in einigen wenigen Absätzen im Rahmen eines der Hauptsache gewidmeten Schriftsatzes mitabgehandelt wird. Der Antrag auf vorläufige Vollstreckbarerklärung ist aus diesen Gründen nicht anders zu bewerten als der vom formellen Interesse her spiegelbildliche, wenn auch aus Sicht der Parteien nicht selten sogar härter umkämpfte und im Ausgang ungewissere Rechtsbehelf des Antrags auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung, für den richtigerweise ebenfalls ein Bruchteil, in der Regel von 1/5, des zu vollstreckenden Betrages angesetzt wird (BGH NJW 1991, 2280; OLG Köln BRAGOReport 2002, 143; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, § 25 Rn. 50).

Die vorliegende Entscheidung ist gemäß § 33 Abs. 4 S. 3 RVG unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 14040155

JurBüro 2020, 582

NJW-Spezial 2020, 507

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